piwik no script img

Fußballer entdecken Werder-Gen

HEIMSIEG Werder Bremen kann wieder gewinnen. Spielerisch ist aber nach wie vor einiges im Argen

„Wir müssen auf dem Teppich bleiben“

VIKTOR SKRIPNIK, TRAINER VON WERDER BREMEN

Werder Bremen hat durch den 2:0-Sieg über den VfB Stuttgart den letzten Tabellenplatz verlassen. Spielerisch bleibt auch beim Heimspieldebüt von Werders neuem Trainer Viktor Skripnik vieles im Argen, aber das Selbstvertrauen ist nach drei Siegen in Folge wieder da.

Von den Bremer Spielern sind momentan rhetorische Höchstleistungen gefordert. Sie müssen ständig die Frage beantworten, warum sie jetzt plötzlich wieder gewinnen, mit dem Sieg gegen Stuttgart nun gar zum dritten Mal in Folge, und wollen dabei doch kein böses Wort gegen ihren vorherigen Trainer Robin Dutt verlieren.

Ihren Windungen ist anzumerken, dass ihnen Dutt leid tut und dass sie die Schuld für die Erfolglosigkeit unter seiner Leitung eher sich selbst zuschreiben. Es habe nur die letzte Konzentration und Konsequenz gefehlt, sagen sie. Garantiert insistiert dann ein Fragesteller, irgendetwas müsse der neue Trainer aber doch anders machen, sonst würden die Bälle doch nicht plötzlich ins Tor gehen. Und dann müssen sie doch mit der Sprache rausrücken und erzählen von der klaren, präzisen Ansprache Viktor Skripniks (Fin Bartels), seiner positiven Ausstrahlung (Felix Kroos) und vom Werder-Gen (Zlatko Junozovic), das er ihnen gemeinsam mit Co-Trainer Torsten Frings wieder eingeimpft habe.

Es ehrt die Bremer Spieler, dass sie nach den Siegen nicht ihre eigene Leistung überhöhen. Denn die war in der ersten Halbzeit gegen den Tabellennachbarn aus Stuttgart um keinen Deut besser als in den Heimspielen zuvor – abgesehen vielleicht von der Partie gegen den 1. FC Köln, die Robin Dutt den Job gekostet hattte.

Es bleibt auf ewig ungeklärt, wohin sich das Werder-Gen verkrümelt hätte, wenn die nach einer Viertelstunde dominant auftretenden Stuttgarter eine ihrer drei hochkarätigen Torchancen genutzt hätten. Stattdessen machte Sebastian Prödl per Kopf aus dem Nichts das 1:0 für Werder. „Zufällig“, gab Viktor Skripnik zu und verfiel auch nach dem Spiel nicht der Versuchung, sich vom Ergebnis blenden zu lassen: „Wir müssen auf dem Teppich bleiben, spielerisch haben wir noch jede Menge Defizite.“

Die drückten sich vor allem in zu schnellen Ballverlusten beim Spielaufbau aus – wo weiterhin die Ruhe am Ball fehlt, obwohl durch die Rückkehr zur Mittelfeld-Raute und deren Besetzung mit Felix Kroos und Clemens Fritz mehr Struktur erkennbar ist.

Mit der Führung und einem Die-Null-Muss-Stehen-Kabinenschwur im Rücken verwandelten die Bremer in der zweiten Hälfte dann den Zufall in Qualität. Hinten ließen sie keine einzige Chance mehr zu und vorne fiel das 2:0 zwar wiederum nach einer Ecke, diesmal aber „einstudiert“, wie Skripnik verriet. Junozovic legte den Ball überraschend bis kurz vor die Strafraumgrenze zurück, wohin sich Bartels aus der Spielertraube vor dem Tor geschlichen hatte. Der Ex-St. Paulianer, der erstmals als Zehner in der Raute agierte, drosch den Ball via Innenpfosten ins Tor. „Vor einigen Wochen wäre der Ball vermutlich noch rausgesprungen“, sagte Bartels.

Sportvorstand Thomas Eichin schoss in seiner Erleichterung zwar übers Ziel hinaus, als er von einer „fast perfekten zweiten Halbzeit“ sprach, aber so wie sich Mannschaft und Publikum nach dem 2:0 gegenseitig hochpeitschten, wird es wieder schwer für andere, im Weserstadion zu gewinnen.RALF LORENZEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen