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Schaffner außer Kontrolle

Ärger im Eifel-Mosel-Express: Zwischen Bahnkontrolleuren und einem Mann aus dem Senegal kam es zu einem heftigen Streit. Es sollen auch rassistische Äußerungen gefallen sein, berichten Zeugen

VON KATHARINA HEIMEIER

Es waren gleich fünf Kontrolleure, denen sich ein junger Mann aus dem Senegal vergangene Woche im Regionalexpress von Köln nach Euskirchen gegenüber sah. Wegen eines wohl ungültigen Tickets sei es zu Unstimmigkeiten gekommen, die erst zu verbalen, dann zu körperlichen Auseinandersetzungen geführt hätten, berichtet die Bundespolizei.

Darüber, wie diese aussahen, gibt es verschiedene Versionen. Sowohl der vermeintliche Falschfahrer als auch die Kontrolleure haben inzwischen Strafanzeige gestellt – unter anderem wegen Körperverletzung und Beleidigung. Laut Zeugenberichten sollen rassistische Äußerungen gefallen sein. Der Mann aus dem Senegal berichtete dem WDR, dass seine Fahrkarte auf den Boden gefallen sei. „Ich habe versucht, die zu holen und plötzlich merk ich, ich werde einfach gepackt.“ Einer habe seinen linken Arm umgedreht, ein anderer ein Knie in den Rücken gestellt. In den Nacken habe er einen Schlag mit dem Kontrollgerät für die Fahrkarten bekommen. Die Deutsche Bahn wollte gestern keine Stellung nehmen. „Wir geben keinen Kommentar ab, solange wie ermittelt wird“, sagte Peter Grundmann von der Pressestelle.

Ist der Zwischenfall im Eifel-Mosel-Express eine Ausnahme? „Ich habe solche Fälle sehr oft in der Beratung“, sagt Banu Bambul vom Antidiskriminierungsbüro in Köln. „Menschen mit Migrationshintergrund spüren tagtäglich irgendwelche rassistischen Äußerungen, Verhaltensweisen oder Blicke“, berichtetet auch Birgit Jagusch, Referentin des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit (IDA) in Düsseldorf. Ein Vorfall wie der in der Bahn sei nicht alltäglich. Von Diskriminierung Betroffene würden jedoch in der Regel keine Anzeige erstatten. Das bestätigt Marcus Osei vom Anti-Rassismus Informations-Centrum (ARIC) in Nordrhein-Westfalen. „Die Betroffenen schlucken das oftmals.“ Während die Kontrolleure zu zweit seien, hätten die Betroffenen in den meisten Fällen keine Zeugen.

Die taz erfuhr dennoch von einem Fall, in dem eine Frau aus Kolumbien auf dem Weg von Düsseldorf zu einem Sprachkurs in Essen im April Ärger mit einem Kontrolleur bekommen hat. Sie habe fälschlicherweise in der ersten Klasse gesessen, berichtet Volker Neupert vom Düsseldorfer Appell gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, der Kontakt zu der Betroffenen hatte. Der Kontrolleur sei immer lauter geworden und habe der Frau den Personalausweis abgenommen.

„Er hat die Frau dermaßen übel angemacht“, sagt Neupert. Sie habe sich „richtig mies“ gefühlt und sei verängstigt gewesen – zumal sie den Kontrolleur nicht richtig verstanden habe. Ihr Ehemann habe einen Brief an Bahnchef Hartmut Mehdorn geschrieben. Antwort kam allerdings von der Regionalstelle. In dem Schreiben bedauerte die Bahn, dass es zu „atmosphärischen Störungen“ zwischen ihrem Mitarbeiter und der Frau gekommen sei.

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