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hamburger szenePolohemden

Neulich saß ich mit meiner Freundin Anna im Bus und wir unterhielten uns. Anna machte gerade ein Praktikum bei einem Modedesigner, und wir kamen überein, dass limitierte Stücke, wie sie in ihrer Boutique zu haben waren, doch deutlich besser seien als weit verbreitete Produkte, wie sie „jeder hat“. Und dass es wichtig sei, sich von der Masse abzuheben. Mir fielen als Beispiel die Polohemden von Ralph Lauren ein. Das sind die mit dem gestickten Polospieler auf der Brust. Irgendwie scheint jeder Besserverdiener in Hamburg sie zu kennen und zu tragen.

Als Anna dann ausgestiegen war, sprach mich von gegenüber ein Mann an. Er war schwarz, sah aus wie Ende vierzig und trug eine Brille. „Überlegen Sie mal“, sagte er, „wie viele Menschen auf der Welt sich so ein Polohemd leisten können.“ Er stotterte leicht und sein Akzent klang etwas amerikanisch. Aber das fiel mir in dem Moment gar nicht auf. „Da, wo ich früher gelebt habe“, fuhr er fort, „kämpfen die Leute ums Überleben und müssen im Dreck kriechen.“

Ich überlegte, wie sich das, was ich vorher gesagt hatte, im Nachhinein legitimieren lassen könnte. Aber mir fiel nichts ein. Er konnte die Angehörigen der Hamburger Oberschicht mit seinen Erfahrungen aus der so genannten Dritten Welt vergleichen. Ich allerhöchstens mit den Hartz-IV-Empfängern, die ich kannte. Er sah mich fast verständnisvoll an, und als ich zwei Stationen später ausstieg, kam ich mir irgendwie reichlich dumm vor. NOAH NEITZEL

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