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„Enormer Andrang“

BERATUNG In der Stadtbibliothek besteht die Möglichkeit, die eigene Stasi-Akte zu beantragen

Tobias Peters

■ 41, ist Kulturwissenschaftler und langjähriger Pressereferent der Stadtbibliothek Bremen (im alten Polizeihaus).

taz: Herr Peters, in Ihrem Haus gibt es heute Beratung über die Einsicht in Stasi-Akten. Gehört Geheimdienstliches heutzutage auch schon zum Aufgaben-Spektrum von Bibliotheken?

Tobias Peters: Solche Beratungen sollen an Orten stattfinden, die zentral liegen und viel Publikumsverkehr haben. Außerdem sind Transparenz und ungehinderter Zugang zu Informationen natürlich Qualitäten, denen sich die öffentlichen Bibliotheken in besonderem Maß verschrieben haben.

Als die Mitarbeiter des Bundesbeauftragten vor fünf Jahren zum ersten Mal in Ihr Haus kamen, war der Andrang enorm. Ist das heute auch zu erwarten?

Die Frage ist: Führt die größer gewordene zeitliche Distanz dazu, dass die Menschen sich leichter trauen, ihre Stasi-Akte zu beantragen? Oder ebbt das Interesse gerade deswegen ab? Im Kontext des Mauerfall-Jubiläums, zu dem wir ja derzeit auch eine Ausstellung zeigen, rechne ich aber eigentlich mit einem ebensolchen Andrang wie vor fünf Jahren. Da konnten wir uns vor der Nachfrage kaum retten.

Damals war Bremen das erste westliche Bundesland, in dem eine solche Veranstaltung stattfand. Kam es da zu sehr emotionalen Szenen, wenn Leute von ihren Stasi-Akten erfuhren?

Nein, im Rahmen der Beratung werden keine Akten geöffnet, es geht um die Erleichterung der Antragstellung. Inhaltlich spannend wird es aber heute Abend. Daniela Münkel von der Stasi-Akten-Behörde stellt dann ihre Forschungsergebnisse in Bezug auf Willy Brandt und die Stasi vor – und arbeitet dabei Brandts Wandlung vom „Kalten Krieger“ zum Entspannungspolitiker heraus.  INTERVIEW: HENNING BLEYL

Anmeldungsfreie Beratung: 10 bis 17 Uhr im Wall-Saal der Stadtbibliothek. Brandt-Vortrag: 19 Uhr

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