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Ein Loch für Albrecht

STAATS-TRAUER

Abgeordnete bestechen, Gefängnismauern sprengen, Spielbanken plündern, und unliebsame Medien bedrohen, doch, doch, früher war Niedersachsens Landespolitik spannender. Sie hatte etwas von einem Mafia-Epos. Und die Figur, die alle Fäden in der Hand hielt, das war Ministerpräsident Ernst Albrecht und vielleicht war er, als es 1980 darum ging, wirklich noch ungeeigneter für die Unions-Kanzlerkandidatur als sein bayrisches Pendant Franz-Josef Strauß (CSU). Am 13. Dezember ist auch er von uns gegangen. Am Montag um 14 Uhr findet der Staatsakt in Hannovers Oper statt, am Samstag schon in der Sankt Pankratius zu Burgdorf die kirchliche Trauerfeier. Es wird sicher ein großer Begräbniszug.

Denn der Vater von Ursula von der Leyen war ja sehr fromm. Und er war auch ein Meister des Prinzips der guten Tat: Mit dessen Hilfe überzeugte er 1976 auch einige SPD-Abgeordnete, ihn zum Ministerpräsidenten zu wählen. Sehr zurecht wird daran erinnert, dass dank Albrechts Intervention 1977 Deutschland als erstes westliches Land Boatpeople aufnahm, die vor dem brutalen kommunistischen Regime Vietnams flohen. Ewig wird man seiner auch im Wendland gedenken, denn er war’s, der die Eignung Gorlebens als Endlagerstandort für Atommüll erkannte, auch, weil es so dicht an der verhassten DDR lag. Den ähnlich klingenden NDR mochte er auch nicht, dem kündigte er deswegen den Staatsvertrag, wenn auch rechtswidrig.

Aber sein größter Coup bleibt die Aktion Feuerzauber: Damals, am 25. Juli 1978 ließ Albrecht seine Bande – Verfassungsschützer, ein Sprengmeister, ein Ministerialdirigent und zwei Panzerknacker – ein Loch ins Celler Gefängnis bomben, um die Befreiung eines RAF-Terroristen vorzutäuschen, und um Spitzel einzuschleusen. Klappte alles nicht so recht. Die Sache flog 1986 auf. Seither gilt das Celler Loch als ein einsamer Gipfel der Regierungskriminalität in der Bundesrepublik. Ernst Albrecht hat ihn zuerst erklommen. Das kann ihm keiner nehmen.  BES

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