SIZILIENS KULISSENDÖRFER
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Diese Straße in Sizilien durchquert ein ideales Dorf, in dem nie jemand gelebt hat. Darüber täuscht auch die rote Telefonzelle bei der Poststelle nicht hinweg. Bauherr dieser in ganz Italien auffindbaren, am Reißbrett entworfenen Mustersiedlungen mit Parteigebäude und Triumphbogen war Benito Mussolini (1883–1945).

Im Zuge seiner Argarreform sollten hier arme Bauern angesiedelt werden. Das Projekt war ein Fehlschlag. Bis heute rotten die Borghi vor sich hin. Die Chance für Johanna Diehl, mit ihrer schweren Plattenkamera mehr als 20 dieser Kulissendörfer ins Visier zu nehmen. Elegisch-traumentrückt dämmern sie unter einem wolkenlosen Himmel vor sich hin. Ihr hochentwickeltes Gespür für die verbliebenen Spuren faschistischer Bautätigkeit lässt die Fotografin dann auch Materialien und Bildprogramme der öffentlichen Gebäude Roms aus dieser Zeit dokumentieren. Dabei wird sie nicht nur in Ministerien und Verwaltungsgebäuden fündig, sondern auch einer Vielzahl katholischer Kirchenbauten.

BRIGITTE WERNEBURG

■ Johanna Diehl: „Borgo Romanità Alleanza“. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2014, 160 Seiten, 71 Abbildungen, gebunden, 40 Euro