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„Liebe Mutti, Ich: werde Ja…“

Ab Mittwoch präsentiert die „Galerie der Villa“ Arbeiten aus der Kunstwerkstatt „Atelier der Villa“ der Elbe-Werkstätten. Bis Ende Oktober sind Briefe des Künstlers Harald Stoffers zu sehen

Es ist eine ungewöhnliche Form der Schrift-Kunst. Seit fast zwanzig Jahren schreibt Harald Stoffers fast jeden Tag einen Brief. Er nimmt sich ein griffbereites, leeres Blatt Papier und beginnt seine Arbeit meist, indem er einen Rahmen zeichnet. Anschließend liniert er akribisch eine Zeile und beginnt, in oder auf ihr zu schreiben, berichtet von alltäglichen Bedürfnissen und Ereignissen. Fast immer fangen seine Briefe dabei an wie dieser: „Liebe Mutti: Ich werde: Ja Nächste Woche Dienstag also: Die Ganz Gute Neue Karierte Hose bitte anziehen morgen zu Werkstätten, Friesenweg 5 Elbewerkstätten: Gehn“. Stoffers zieht wieder eine Linie, wobei er sich an der vorhergehenden nebst ihrer Krümmungen und Wölbungen orientiert und schreibt Zeile für Zeile weiter, bis der Absatz fertig ist. Oft wiederholt und variiert er die erste Zeile, tauscht Begriffe aus oder ändert den Rhythmus der Interpunktion.

Fernab von Kunstkreisen hat Stoffers durch sein leidenschaftliches und akribisches Briefeschreiben eine ganz eigene Ästhetik, eine eigene formale Sprache entwickelt. Denn sein Mitteilungsbedürfnis geht über den Inhalt des Geschriebenen hinaus. Wird in Stoffers Briefen gar die Schrift zum Bild? An wen richten sich die stets mit „Liebe Mutti“ beginnenden Arbeiten?

Harald Stoffers ist einer von zurzeit etwa 15 KünstlerInnen, die im „Atelier der Villa“, einer Kunstwerkstatt der Elbe-Werkstätten, malen, zeichnen oder Skulpturen anfertigen. Direkt neben deren neuen Räumen eröffnet am Mittwoch die „Galerie der Villa“ mit einer Ausstellung seiner Briefe. ROBERT MATTHIES

Mi, 5. 9., 18 Uhr, Galerie der Villa, Friesenweg 5c; Ausstellung vom 6. 9. – 26. 10., Do – Fr 14.30 – 17.30, Fr 13 – 16 Uhr sowie nach Vereinbarung; Infos: www.galeriedervilla.de

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