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Ausgerechnet Herdentor!

ERÖFFNUNG Das Bremer Kommunalkino feiert mit einem vielfältigen Eröffnungswochenende seine Wiedergeburt als City 46. Im zweiten Saal ist nun noch mehr Platz für anspruchsvolles Kino

VON WILFRIED HIPPEN

Nun ist es endlich soweit! Nach vielen Schwierigkeiten und Verzögerungen ist das Bremer Kommunalkino nun doch in das schöne alte Kino City umgezogen (siehe taz vom 30. 9.) und an diesem Wochenende wird es mit einem großen Festprogramm eröffnet. Am Freitagabend um 20.30 Uhr beginnt es mit einer Gala, die als Benefiz-Abend von Bremer KünstlerInnen gestaltet wurde. Diese wurden gebeten, jeweils einen kurzen Beitrag zu gestalten. So werden Musiker, Schriftsteller, Schauspieler und Filmemacher wie Evelyn Gramel, Erik Roßbander, Hacky Hackbarth, Uli Sobotta und viele andere jeweils in ihrem Metier das neue Kino be oder besser ansingen.

Der erste im neuen Kino projizierte Langfilm wird am Samstag um 18 Uhr „Urlaub vom Leben“ sein, und die Regisseurin Neele Leana Vollmar wird ihn auch selber vorstellen. Ein passender Beginn, und dies nicht nur, weil die junge Filmemacherin in Bremen geboren ist. Ihr Debütfilm von 2005 wurde auch noch in verschiedenen Vierteln (darunter dem Viertel) der Stadt gedreht. Da Peter Zadeks „Ich bin ein Elefant, Madame“ von den kommunalen Kinomachern in den letzten Jahrzehnten immer wieder bei feierlichen Anlässen aus dem Archiv geholt wurde (inzwischen haben sie eine eigene Kopie), ist es für den Neuanfang nur angemessen, ihn mit einem neueren Bremer Film zu feiern. Und da man gerade dabei ist, zeigt das City 46 im Oktober auch noch die anderen beiden Filme von Neele Leana Vollman „Friedliche Zeiten“ und „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“.

In den Kinos werden auch wieder regelmäßig Stummfilme mit live gespielter Musikbegleitung aufgeführt. Am Samstag um 20.30 Uhr wird mit „Ausgerechnet Wolkenkratzer!“ jene Komödie mit Harold Llyod gezeigt, in der er über einer New Yorker Straßenschlucht am Zeiger einer Uhr hängt. Dazu spielt das Werner Noll Quartett eine Mischung aus klassischem Swing und selbst komponierter Stimmungsmusik. Noch älter als die Slapstick-Komödie von 1923 ist eine filmhistorische Rarität, die um 22.30 Uhr live mit dem Ambient-Sound von 1000schön alias Helge Siel beschallt wird. Die erste Adaption des Romans „Frankenstein“ wurde schon 1910 von der Thomas A. Edison Produktionsfirma gedreht. Der 30-minütigen Kurzfilm, der lange als verschollen galt, ist schon deshalb interessant, weil kaum etwas an ihm an den späteren Klassiker mit Boris Karloff erinnert. So wirkt etwa das Monster eher wie ein aus den Fugen geratener Dorian Grey.

Am Sonntag beginnt das Programm schon um 13 Uhr mit einem Spielfilm von Agnés Varda, die im Jahr 2000 den Bremer Filmpreis verliehen bekam. „Jacquot de Nantes“ von 1995 ist ihre Liebeserklärung an ihren Mann, den Filmemacher Jacques Demy. Auch die von Eltern gerne in Anspruch genommen Tradition des Kinderkinos wird am Herdentor weitergeführt. Am Sonntag um 15 Uhr wird als die Schulkomödie „Greg’s Tagebuch 2“ gezeigt und danach gibt es wie gewohnt „action and fun“, sprich Ratespiele und Luftballons.

Eine weitere Tradition des Kommunalkinos sind die Wunschfilme von Prominenten, die von diesen persönlich vorgestellt werden. Als erster in den neuen Räumen wird am Sonntag um 20.30 Uhr der Intendant von Radio Bremen Jan Metzger den politischen Thriller „Z“ von Constantin Costa-Gavras von 1969 vorstellen.

Der kleine Saal mit 90 Sitzplätzen wird am Sonntag um 20 Uhr zum ersten Mal mit dem iranischen Scheidungsdrama „Nader und Simin“ bespielt. Anders als in Walle ermöglicht das zweite Kino, dass Filme wie dieser, die in den anderen Programmkinos der Stadt entweder nur kurz der gar nicht liefen, nun eine Woche lang gezeigt werden.

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