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SuizidversuchSchon wieder eine Mahnung verpufft

Wenn Syker Behördenmitarbeiter den Suizidversuch einer Kongolesin als „Erpressung“ abtun, verkehren sie die Verhältnisse: Das Wort Erpressung erklärt diejenige zur Täterin, die eigentlich das Opfer ist. Es suggeriert, die Frau habe einen Handlungsspielraum gehabt und diesen ausgenutzt, um die Behörde unter Druck zu setzen.

KOMMENTAR VON ELKE SPANNER

Tatsächlich aber ist ein Suizidversuch Ausdruck tiefster Verzweiflung, auch wenn damit die Hoffnung verbunden ist, das Ruder noch herumzureißen. Immerhin bestand die Gefahr, dass Frau B. ihre Warnung mit dem Leben bezahlte.

Immer wieder bringen sich Flüchtlinge aus Verzweiflung um, nicht nur in Syke. Dort aber auffallend viele. Ein Umdenken hat das offensichtlich nicht ausgelöst. Für die Sachbearbeiter ist ihre Arbeit schlichtes Verwaltungshandeln, und das setzen sie unbeirrt fort.

Tatsächlich sind Ausländerbehörden meist so organisiert, dass ein persönlicher Kontakt der Mitarbeiter zu den betroffenen Menschen nicht entstehen kann. So treffen sie ohne große Skrupel Entscheidungen, die für sie selbst nicht mehr sind als ein Verwaltungsakt, obwohl sie damit über das Schicksal von Menschen bestimmen.

Wenn diese für sich keinen anderen Weg mehr sehen als den Tod, sollte die Behörde das als Mahnung ernst nehmen, statt es als taktisches Manöver abzutun.

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