heute in bremen: „Wer Kritik übt, ist ein Feind“
Am Sonntag gedenkt Bremen der ermordeten russischen Journalistin Anna Politkovskaja
taz: Herr Glanc, vor einem Jahr wurde die kritische Journalistin Anna Politkovskaja in Moskau ermordet. Wie gefährlich leben Journalisten in Russland?
Thomas Glanc, (Forschungsstelle Osteuropa der Uni Bremen): Sehr gefährlich, wenn sie sich mit gefährlichen Themen beschäftigen. Wer von der herrschenden Meinung abweicht, wird zum Feind gemacht. Journalisten sind vorsichtiger geworden, Morde wie der an Politkovskaja machen Angst.
Wie unabhängig sind Russlands Medien?
Formell sind sie unabhängig. Es gibt zum Beispiel keine Zensurbehörde. Aber es wird raffiniert manipuliert. Ganz anders übrigens als zu Zeiten Breschnews, als die Unabhängigkeit der Medien in einem totalitären System systematisch beschnitten wurde. Heute geschieht das indirekt: Gestern etwa wurde in Nischni Nowgorod eine Politkovskaja-Tagung verboten – nicht aus politischen Gründen, sondern weil die Computer-Software illegal gewesen sei. Das Hotel, in dem die Teilnehmer wohnen sollten, wurde geschlossen. Wegen eines Rohrbruchs.
Was ist Politkovskajas Erbe für ihre Kollegen in Russland?
Neulich hat ihre Zeitung Nowaja Gaseta Politkovskajas Mobiltelefon nach der Untersuchung durch die Polizei zurückerhalten. Symbolisch kann man dort Nachrichten hinterlassen. Vaclav Havel, der vor kurzem in Moskau war, wurde gefragt, was er darauf sprechen würde. Er sagte, er habe Hochachtung vor ihrund hoffe, durch ihren Tod gerate etwas in Bewegung in Russland. Das würde ich genauso sagen.
Fragen: fez
Sonntag, 11.30 Uhr, Schnoor 27/ 28
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