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Roter Rücken

BILDER In Antoine Barrauds „Le dos rouge“ werden Hautirrationen und Alte Meister zu Metaphern

Ein Filmregisseur auf kunstgeschichtlicher Bildforschungsreise. Bertrand (Bertrand Bonello) sucht nach überlieferten Motiven des Unheimlichen, des Monströsen und lässt sich deshalb von einer eigenwilligen Kunsthistorikerin, die erst von Jeanne Balibar, dann von Géraldine Pailhas gespielt wird, durch Pariser Museen führen. Im Blick auf das ältere Bildmedium soll sich der künstlerische Prozess des Regisseurs konkretisieren. Die betrachteten Gemälde werden als Vorbilder für geplante Bewegungsbilder visioniert.

Vorstellungen vom Monströsen

„Le dos rouge“ heißt dieser sehr schöne Forum-Film von Antoine Barraud, weil sich auf Bertrands Rücken eine markante rötliche Hautirritation ausbreitet. Als würden die museal kanonisierten Figurationen des Unheimlichen übergriffig, als sei der Regisseur körperlich von den altmeisterlichen Darstellungen affiziert und im Begriff, sich selbst in etwas Fremdartiges zu verwandeln. Dabei ist sein eigener Rezeptionsmodus hochdiskursiv, gerade bemüht um Versprachlichung der ästhetischen Erfahrung. Statt die Bilder auf sich wirken zu lassen, wird intensiv und wahrnehmungslenkend über sie gesprochen. Die abgefilmten Kunstwerke von Renoir, Bacon et altera sind für Barraud nicht bedeutsamer als die Serie von Bildbetrachtungen, aus denen sein Film besteht.

Unheimlich an der filmischen Präsenz der versammelten bildenden Kunst ist neben den sehr unterschiedlichen Vorstellungen, die sie vom Monströsen gibt, ihre destabilisierende Wirkung auf die Realität des Regisseurs. Er driftet durch die Boheme-Szene der Stadt, zeigt sich einem Journalisten gegenüber als schwieriger Gesprächspartner und unterzieht diesen schließlich einer kalkulierten Projektion. Selbst die Arztwahl gehorcht einer verschobenen Rationalität, wenn Bertrand bei seinem Psychoanalytiker (Barbet Schroeder) vorstellig wird, statt den naheliegenden Dermatologen zu konsultieren. Ungeklärte Zuständigkeiten, falsche Adressierungen, wohin man sich auch wendet.

Eine schlichte Psychosomatik des „roten Rückens“ könnte eine „Schaffenskrise“, einen scheiternden künstlerischen Prozess nahelegen. Die vielfältig ineinander übergehenden Dialoge zwischen Kunst, Film und Wirklichkeit zielen in „Le dos rouge“ aber eher auf Bilder, die gelingen, wenn vertrautes Wirklichkeitsmaterial ästhetisch verwandelt und spielerisch unheimlich wird. SIMON ROTHÖHLER

■  14. 2., Cubix 9, 22.15 Uhr

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