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„Stadt zeigt kaum Initiative“

VORTRAG Im Rahmen der Antikolonialtage wird das koloniale Erbe Bremens beleuchtet

Gudrun Eickelberg

■ 59, arbeitet als freischaffende Künstlerin und Autorin und ist zweite Vorsitzende des Vereins „Der Elefant!“

taz: Frau Eickelberg, welche Spuren der Kolonialzeit gibt es noch in Bremen?

Gudrun Eickelberg: Zum einen das Übersee-Museum, das früher Deutsches Kolonial- und Übersee-Museum hieß. Außerdem den Elefanten in Schwachhausen. Der wurde zwar nach dem „Verlust“ der Kolonien errichtet, sollte aber die Bevölkerung motivieren, die Kolonien zurückhaben zu wollen. Es gibt zudem noch viele Straßen, die Namen aus der Kolonialzeit haben, etwa die Togo- und die Kaffeestraße. Diese Straßen sind hauptsächlich im Hafengebiet, aber auch in Schwachhausen.

Wird in Bremen genug für die Aufarbeitung der Kolonialzeit getan?

Nein, eindeutig nicht. Gerade heute wird Afrika wieder ausgebeutet, etwa durch Landgrabbing. Da ist es besonders wichtig, die Kolonialzeit zu thematisieren. Aufgrund der Geschichte Bremens und dem Völkermord an den Herero, ergibt sich eine gewisse Verpflichtung, das Thema zu behandeln. In den Schulen wird es aber kaum besprochen und auch von der Stadt aus wird zu wenig getan. Zum Beispiel ist das Antikolonialdenkmal, der Elefant, baufällig. Die Stadt zeigt sehr wenig Initiative, das zu ändern. Es wurde uns jedoch versprochen, dass eine Instandsetzung geprüft wird.

Der Elefant in Schwachhausen wurde 1932 als „Reichskolonialdenkmal“ eingeweiht. 1990 wurde er zum Antikolonialdenkmal umgewidmet. Kann man den Sinn des Denkmals so leicht ändern?

Inzwischen wurde der Sinn verändert. Als der Elefant gebaut wurde, war er das zentrale Kolonialehrenmal. Bremen war unter den Nazis ja als „Stadt der Kolonien“. Deswegen wird gerade dieses Denkmal viel wahrgenommen, etwa auch in Windhoek, der Hauptstadt Namibias. Das gilt für die Umwidmung ebenso. Es wird stark als Antikolonialdenkmal wahrgenommen, auch durch die Veranstaltungen unseres Vereins.

In den 70er-Jahren gab es Initiativen, um zum Beispiel die Lüderitz-Straße in Schwachhausen umzubenennen. Das steht im Moment nicht wirklich zur Debatte. Hat sich der Umgang mit der Kolonialzeit in den letzten Jahren verändert?

Das glaube ich nicht. Es gibt auch jetzt Versuche, Straßennamen zu ändern. Das scheitert damals wie heute am Widerstand der Anwohner. Sie wollen keine neue Adresse, da für sie mit einer Namensänderung viel Aufwand verbunden ist. INTERVIEW: JÖRDIS FRÜCHTENICHT

Vortrag „Bremen und sein koloniales Erbe“ von Gudrun Eickelberg: 15.30 Uhr, Übersee-Museum

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