: Gottfried Benns Leopardenbiss
„Sie sind gefährlich und mir dialektisch weit überlegen“: So schrieb der Dichter Gottfried Benn im November 1955 an Theodor W. Adorno, als er sich gegen einen gemeinsamen Rundfunkauftritt wehrte. Sie hatten sich auf einer Tagung kennengelernt: „Wir flogen sozusagen aufeinander“ (Benn).
Auf wen Benn in seinem Leben noch so alles flog, kann man in einem opulenten Bildband studieren, der den privaten, politischen und künstlerischen Benn präsentiert. „Jeder seiner Verse ein Leopardenbiß, ein Wildtiersprung“, begeisterte sich schon 1913 Else Lasker-Schüler.
Herausgeber Holger Hof hat sich glücklicherweise nicht an das Benn-Diktum „Herkunft, Lebenslauf – Unsinn!“ gehalten und herrliche Fotos, Dokumente, Briefe zusammengetragen. Sie ergeben ein ungeschöntes und klug komponiertes Panorama dieses deutschen Dichterlebens zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik, zwischen Avantgarde und Reaktion, zwischen Taufschein 1886 und Totenmaske 1955. Man sieht seine Verse auf Einkaufszetteln entstehen, wird Zeuge seiner Anbiederung an die Nazis 1933 („Der Reklamechef der neuen Modefirma: Gottfried“, so die kritische Freundin Thea Sternheim) und der nicht unumstrittenen Renaissance in der frühen Bundesrepublik. AC
„Benn. Sein Leben in Bildern und Texten.“ Zusammengestellt von Holger Hof. Klett-Cotta, Stuttgart 2007, 280 Seiten mit 450 Abb., 49 €
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