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7 oder warum ich auf der Welt bin Deutschland 2010, R: Antje Starost & Hans Helmut Grotjahn

„Du wirst geboren, du schließt die Augen und sofort bist du vier Jahre alt. Das ist doch seltsam!“ So spricht ein Neunjähriger, wenn man ihm die richtigen Fragen stellt, ihn ernst nimmt und zuhört. Genau dies tun die beiden Dokumentarfilmer Antje Starost und Hans Helmut Grothahn, indem sie sieben Kindern im Alter von sieben bis elf Jahren existentielle Fragen über das Leben und die Welt stellen. Dabei lassen sie sich ganz auf die Erlebniswelten ihrer Protagonisten ein, zeigen sie in ihrem Alltag, beim Spielen, Klettern, Musizieren, Kochen, Angeln und Bummeln durch die Stadt. Erwachsene tauchen nur ein paarmal im Hintergrund auf, ein paarmal hört man ganz kurz die Stimmen der Fragenden hinter der Kamera, aber ansonsten haben hier nur die Kinder das Wort und sie sagen Erstaunliches. Vor allem deshalb, weil ihre Versuche, sich einen eigenen Reim auf die Welt zu machen, kaum weniger einleuchtend sind als die der Erwachsenen. Sie sind neugierig und gescheit, wirken aber nie altklug, denn offensichtlich ist es den Filmemachern gelungen, ihr Vertrauen zu gewinnen und so bekommt man einfühlsam gefilmte Einblicke in die Lebensumstände der Kinder. Dabei lernt man sie als komplexe, schon sehr weit geformte Persönlichkeiten kennen: Basile in Paris ist ein kleiner Mystiker, der den Tod, wenn er ihn treffen würde, zu einem Kaffee einladen würde. Jonathan aus Berlin ist ein Realist, den das streng logische Denken zu dem erstaunlichen Schluss führt, dass er später einmal Butler werden will. Albrecht ist eine Künstlerseele, der gar nicht versteht, warum für andere Kinder das Üben eine Last sein kann, weil er doch so gerne auf seinem Cello spielt. Mit einem Geschwisterpaar in Bulgarien, der neunjährigen Chrysanthi auf Kreta, für die es „ohne eine Seele keine Welt und kein Leben gäbe“, und der elfjährigen Vanessa in Ecuador haben die Filmemacher Kinder aus verschiedenen Ländern und Gesellschaftsschichten ausgesucht. Die Palette geht vom deutschen Bildungsbürgertum bis zum Indio-Mädchen, das einmal Ärztin oder Apothekerin werden will, aber auch von ihren Erfahrungen mit dem alltäglichen Rassismus erzählt.

Die Schwestern Vici und Vivi haben ein sehr enges, fast symbiotisches Verhältnis zueinander. Wenn sie über den Tod eines älteren Bruders sprechen, tun sie dies mit großer Ernsthaftigkeit, tollen aber gleich danach am Strand oder auf einem Baum herum. Der kleine Basil wäre beinahe bei einem Autounfall getötet worden. Vielleicht macht er sich deswegen Gedanken über Reinkarnation und lehnt die Idee, dass es einen Himmel und eine Höhle gebe, als zu „bizarr“ ab. Doch er ist auch ein übermütiger kleiner Schlingel, der sich ekstatisch über ein geschenktes Spielzeug freuen kann. Die Kamera kommt ihm und den anderen Kindern sehr nah, weil sie ähnlich verspielt und neugierig ist wie sie.

„7“ läuft zwar am Samstag um 16 Uhr und am Sonntag um 15 Uhr im Kinderkino-Programm des City 46, ist aber kein Film für, sondern über Kinder. Die Regisseurin Antje Starost ist am Sonntag zu Gast.

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