KOMMENTAR: SVEN-MICHAEL VEIT ÜBER DIE ENERGIEPOLITIK: Ohne doppelten Boden
So ist er eben, der Erste Bürgermeister. Er weiß alles besser, kann alles besser und scheut sich nicht, das auch zu demonstrieren. Und so hält Olaf Scholz vor dem Parlament mal eben eine energiepolitische Lehrstunde ab mit der Verkündung, er habe die eierlegende Wollmilchsau gefunden.
Mit seinem Konzept, verkündet Scholz, schafft Hamburg die ökologische Energiewende, senkt die Emissionen an Kohlendioxid, rettet die Klimabilanz, sorgt für stabile Verbrauchspreise, sichert Arbeitsplätze bei den Energieunternehmen. Und die Stadt verdiene auf lange Sicht sogar noch Geld. All das möge doch bitte mit einem Volksentscheid nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Damit könnte Scholz sogar Recht haben. Manches an den Vereinbarungen ist in ökologischer und energiepolitischer Hinsicht gut und richtig – vieles aber ist auch sehr vage formuliert, etliche Formulierungen eröffnen reichlich Interpretationsspielraum. Und die Festschreibung des Fernwärmemonopols von Vattenfall dürfte ein echter Sündenfall sein.
Die Einsicht in die Vertragstexte hat der Bürgermeister zugesichert, das wird er halten müssen. Erst danach ist im Detail zu beurteilen, ob das Geschäft gut für Hamburg ist oder für die Konzerne.
So oder so agiert Scholz ohne Netze und doppelten Boden. Er hat Recht – oder er ist Schuld.
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