NS-Verfolgung: Jehovas starrsinnige Zeugen
■ Am 15.9.39 wurde August Diekmann, Kriegsdienstverweigerer, ermordet
„Flexibel“sollen wir sein, integrationsfähig, wendig, teamfähig, keinesfalls starrsinnig, unbeweglich, weltfremd – das wäre nicht „modern“.
1933 gab es eine ganz weltfremde Gemeinschaft: die Zeugen Jehovas, die sich einfach starrsinnig weigerten, die Hand zum Hitlergruß zu heben. Sie wurden von den Deutschen gehänselt, teilweise geschlagen, gekündigt wie Heinrich Diekmann. „Da hatten wir dann Zeit zum Predigen“, erinnert sich Diekmann heute noch trotzig. Schon in den Jahren 1933/34 kamen die „Bibelforscher“zu tausenden in Arbeits- und Konzentrationslager in den ersten Jahren des Nazi-Regimes waren zwischen fünf und zehn Prozent der Insassen der Lager Zeugen Jehovas. Proteste der christlichen Kirchen gab es nicht – sie verfolgten die Verfolgung mit Schweigen. „Dokumente zeigen, daß die Kirchen das Verbot bei staatlichen Stellen anregten“, heißt es in einem Dokumentarfilm der Zeugen Jehovas, der am 6.11.97 im KZ Ravensbrück erstmals aufgeführt wird. Im Bürgerhaus Vegesack ist derzeit (bis zum 25.9.) eine Dokumentation der ungeheuerlichen Leiden dieser unbeugsamen Gruppe zu sehen.
„Jeder Schlag der SS-Leute wurde mit den Worten begleitet: Glaubst du noch an Jehova?“erinnert sich Diekmann. Zeugen Jehovas wurde im KZ eine „Erklärung“vorgelegt: Wenn sie mit ihrer Unterschrift ihrem Glauben abschworen und sich dem Führer Hitler unterworfen hätten, wären sie freigekommen. Starrsinnig, wie sie nun sind unterschrieben sie nicht. „Heil Hitler“bedeutete: Rettung kommt von Hitler. Niemals.
Am 15. September 1939, heute vor 58 Jahren, wurde August Diekmann hingerichtet. Er war als Kriegsdienstverweigerer ins KZ gekommen. 8.000 Gefangene in dem KZ mußten zugucken, der Lagerkommandant Baranowski gab persönlich das Kommando. Die Abschreckung wirkte nicht. Von knapp 10.000, die in den Lagern litten, verloren ca. 2.000 ihr Leben, ca. 250 wurden hingerichtet, 800 Kinder kamen in NS-Erziehungsheime.
„Was wäre gewesen, wenn sich die protestantische Kirche wie die Zeugen verhalten hätte, oder die katholische ...?“fragt eine der Historikerinnen in dem Film. K.W.
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