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Keine Unterstützung für Stahmers Kita-Kürzung

■ 200 Mark pro Platz: CDU, SPD und Grüne lehnen höhere Abführung ans Land ab

Die selbstverwalteten Kindertagesstätten können hoffen. Die Sparmaßnahmen, die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing und Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (beide SPD) durchdrücken wollen, sind keine beschlossene Sache. „Wir wollen nicht, daß die EKT-Kitas im Dezember 200 Mark zusätzlich pro Ganztagsplatz ans Land abführen“, sagte gestern CDU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Liepelt. Die Belastung solle „unter 100 Mark liegen“. Der Hauptausschuß des Parlaments diskutiert die Frage am kommenden Mittwoch.

Die privaten Kitas überweisen bisher von ihren Elternbeiträgen 100 Mark pro Platz und Monat ans Land – aber nur für die Monate Januar bis Oktober. Die Elterngebühren von zwei Monaten dürfen sie bislang komplett behalten. Damit soll jetzt Schluß sein. Wie die Kitas von Rotem Kreuz und Caritas will Stahmer auch die kleinen Kinderläden künftig jeden Monat zur Kasse bitten – erstmalig diesen Dezember. „Wegen der Gleichbehandlung“, erklärte Stahmers Sprecherin Rita Hermanns.

Das neue Verfahren sei den freien Trägern der Kitas bereits im April 1996 mitgeteilt worden, ohne Protest auszulösen, so Hermanns. Auf die zusätzliche Abführung könne man dieses Jahr auch deshalb nicht verzichten, weil die Jugendsenatorin eine Sparauflage der Finanzsenatorin von neun Millionen Mark erfüllen müsse. Über 1998 müsse noch verhandelt werden, sagte Hermanns.

Während die CDU angesichts der SPD-Sparmaßnahmen ihr Herz für die Kinderläden entdeckte, äußerte auch der familienpolitische Sprecher der SPD, Karl- Heinz Nolte, seine Ablehnung. Im Dezember solle man auf die „pauschale Zahlung von 200 Mark“ verzichten, denn viele Kitas seien damit „finanziell überfordert“. Anfang 1998 solle die Verwaltung prüfen, wieviel Geld die Einrichtungen durch ihre Elternbeiträge tatsächlich eingenommen hätten, und danach gestaffelte, aber deutlich niedrigere Abführungen verlangen. Auch die Bündnisgrünen und der Deutsche Gewerkschaftsbund übten Kritik am Vorgehen von Jugendsenatorin Stahmer.

Was die zusätzliche Zahlung bedeuten würde, beschreibt Erzieher Marcus Zölzer am Beispiel seiner Ein-Gruppen-Kita „Apo-Paule“ in Schöneberg. Bei zwölf Kindern entstünden im Dezember 2.400 Mark unvorgesehene Ausgaben, die durch die Einnahmen nicht gedeckt seien. Was tun? „Man kann die Elternbeiträge erhöhen“, so Zölzer. Doch manche Eltern bezahlen schon 400 Mark pro Monat. Oder man streicht den Erziehern das Weihnachtsgeld.

Birgit Peters vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden (DaKS) befürchtet, daß viele der 500 kleinen Kitas dichtmachen, weil die Eltern noch höhere Beiträge nicht tragen können. Stahmer-Sprecherin Hermanns beruhigt jedoch: In existentiellen Fällen werde die Verwaltung eine Ausnahme machen und auf Antrag die zusätzliche Zahlung erlassen.

Währenddessen ist von Kitavorständen und ErzieherInnen Kritik am DaKS zu hören: Der Verband habe schon länger von den Sparmaßnahmen gewußt, die Einrichtungen aber erst am vergangenen Dienstag informiert. Sabine Möhring/Hannes Koch

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