radioaktive waffen: Vertuschung geht weiter
Die USA wollen auch weiterhin Munition einsetzen, die durch abgereichertes Uran gehärtet wurde. Man versteht die Aufregung der europäischen Nato-Verbündeten gar nicht: Das Uran sei nicht gefährlicher als andere Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei; bei Golfkriegsveteranen habe sich kein Hinweis oder gar Beweis für Erkrankungen ergeben. Und die Verbündeten müssten sich keine Sorgen über ihre im Kosovo stationierten Soldaten machen, denn dort gebe es ohnehin keine Restbestände der Munition.
Kommentarvon ANDREAS ZUMACH
Was in dieser Woche aus dem Pentagon und von amerikanischen Offizieren in der Nato-Zentrale verlautete, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Doch Kritik am großen Verbündeten ist wohlfeil. Die rot-grüne Koalition in Berlin ebenso wie alle anderen Nato-Regierungen wussten vorab und während des Luftkriegs gegen Jugoslawien, dass diese Munition von den USA eingesetzt wurde. Selbst die grüne Verteidigungsexpertin Beer hat diesen Einsatz mitgetragen und ihn wie Scharping zum Teil auch nach dem Krieg gerechtfertigt, obwohl die großen Risiken aus dem Golfkrieg bekannt waren.
Dazu passt die verantwortungslose Entwarnung, die das Verteidigungsministerium und der Vorsitzende des Bundeswehrverbands signalisieren. Warum wurden bislang nur 160 der über 6.000 Kosovo-Soldaten untersucht? Warum wurden die 5.000 Soldaten in Bosnien und Kroatien noch überhaupt nicht in die Überprüfung einbezogen? Welche Messmethoden wurden angewandt? Solange die Hardthöhe dazu schweigt, betreibt sie dieselben Täuschungs- und Vertuschungsmanöver wie das Pentagon seit zehn Jahren. Dann wären die deutschen Soldaten gut beraten, auf das Angebot der Ärzteorganisation IPPNW zu einer unabhängigen Untersuchung einzugehen.
So notwendig die Kritik der CDU ist: Das Thema eignet sich nicht zum innenpolitischen Streit. Zumal der erste Einsatz der DU-Munition durch die Nato bereits ab 1994 in Bosnien erfolgte, als die CDU noch die Regierung stellte. Angebracht wäre hingegen eine gemeinsame Politik von Regierung und Opposition, um DU-Munition sofort international zu ächten. Dies ist wahrscheinlich nur im Streit mit den USA durchzusetzen. Kurzfristig noch wichtiger sind Untersuchungs-, Vorsorge- und Dekontaminierungsmaßnahmen, insbesonders für die Zivilbevölkerung in Serbien, im Kosovo sowie in Bosnien. Dies fordert die UNO-Umweltorganisation bereits seit Mitte 1999 vergeblich.
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