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Kunst am Busen...

■ ...und das Recht auf ein anständiges Bier / Die Bremer Kulturprovokation des Jahres sorgt bei nichtsahnenden Kunstbanausen für verdorbenen Appetit

Von der Kunst zu fotografieren verstehe ich gar nichts. Ein Recht auf ästhetische Wertung des Bremer Kultureignisses des Jahres, den Auftritt eines begnadeten Nikon-Besitzers namens Stephan Lupino, steht mir damit ausdrücklich nicht zu.

Mit gleicher Ausdrücklichkeit

maße ich mir dagegen das Recht jedes bieder-bremischen Durchschnitts-Gaststättenbesuchers an, in einer öffentlichen Kneipe unbehelligt von halbnackten Damen

mein Bier zu trinken.

Stellen Sie sich doch bitte mal vor: Sie sind an diesem Abend bewußt nicht in den Puff gegangen und warten stattdessen arglos auf ihre Portion Schweinsfilet. Aus Kostengründen oder aus Hunger oder weil Sie sich gegenüber Bekannten keine Blöße geben wollen, haben Sie den Gedanken an einen Striptease-Schuppen ebenfalls verworfen. Nun sitzen Sie da in der gemütlich-plüschig-heimeligen Wohlanständigkeit ihrer Stammkneipe. Und da fällt dem Gelegenheitsgast am Nachbartisch plötzlich ein, den Busen seiner Begleiterin freizulegen und mehrere entblätterte Blondinen malerisch in seine Essenreste hineinzudrapieren.

Ich kann wirklich tolerieren, wenn andere Leute sich ihr Abendessen lieber von vier leichtgeschürzten Grazien häppchenweise in den Mund stopfen lassen, statt auf die Kulturtechnik mit Messer und Gabel rückzugreifen. Meinetwegen können radiobremische Kamarateams das dann auch gerne als besonderen Kunstgenuß filmerisch würdigen, und ich will auch den Lärm künstlerisch besonders wertvoll fliegenden Porzellans in meiner Kneipe in Kauf nehmen.

Aber als ebenfalls zahlender

Gast und Kunstbanause nehme ich doch so viel für mich in Anspruch: Bei Bierpreisen um die zwei Mark habe ich ein Recht auf Bier ohne Busen und ohne überfallartig -vorwarnungslose Entscheidungszwänge, ob die unbestellten Nuditäten nun künstlerisch wertvolle Provokationen oder nur billig-pornographischen Nepp darstellen. Ich unterstelle auch einfach, daß der gelernte Rausschmeißer Lupino in seiner früheren beruflichen Karriere durchaus tätig geworden wäre, wenn ein ungelernter Fotograf in seiner Kneipe unversehens vier sehr blonde, sehr großbusige, sehr geschminkte Damen entblättert hätte.

Aber in Bremen muß man wohl, solange ein New Yorker uns endlich mal zeigt, wo's künstlerisch langgeht, ein anständiges Bier zu Hause trinken.

K.S.

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