: Schockfarben von drüben
■ Radikal weibliche Ex-Dresdnerin bei „Steinbrecher“
Da schlägt sich eine mit viel persönlicher (Alt)Last herum; da hat eine sehr viel Kraft für Kämpfe: mit solchen Mutmaßungen verläßt man die Galerie Steinbrecher, die Bilder und bemalte Keramik von Christine Schlegel, Jahrgang 1950, präsentiert. Blut, fremdes und eigenes, Selbstzerstörung, Schutzlosigkeit und (Frauen-) Leid sind die Themen, die die Ex-Dresdenerin und jetzt West-Berlinerin immerfort treiben; Mythologie und Kunstgeschichte das Reservoir, das ihr die Verpackung liefert. Blutrot, Schwarz und Leichenblass Schockfarben der Häßlichkeit, die die BesucherIn zunächst abstoßen, bevor sich Bedeutungsschwere auf sie/ihn legt, wenn beim Frühstück im Freien nach Manet sich ein Alter und ein Beau um eine Nackte lümmeln und öde Hochhäuser den Hintergrund bedecken, vorn ein Fischgeripp.
Radikal subjektiv und offensiv weiblich: so nahm man Christine Schlegel in der DDR schnell wahr. Doch die Mittel der bilden
den Kunst reichten nicht hin, ihrem Ausdruckswillen zu genügen: Film, Performance kamen dazu. Von dort stammen einige Arbeiten der leichter konsumierbaren Art: bewegungsreiche „Regieanweisungen“, szenische „Standbilder“, schnell und gekonnt gezeichnet.
In guter Bauhaus-Tradition versuchen die DDR -Kunstakademien, der Unterscheidung zwischen Kunst und Kunsthandwerk an die Wurzel zu gehen. DDR-Malerei schlägt sich darum auch auf Keramik nieder. Die Tassen, Teller und Schüsseln der Frau Schlegel sind bedeckt mit „naiven“ Tieren, Händen, Jägern und berichten von einer auffälligen Tradition bei unseren Brüdern und Schwestern. Dem Westauge erscheinen die Exponate vielleicht als etwas gezwungene, spätakademische Pflichtübungen, aus denen der sonst so kraftvolle originäre Gestaltungswille der Christine Schlegel leuchtet.
(Galerie Steinbrecher, Am Dobben 44, bis zum 22.Juli) bu
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