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Standbild: Nolde? Find ich gut!

■ Gefährliche Liebschaft?

(Gefährliche Liebschaft?, ZDF, Dienstag, 22.10 Uhr) Auf was für einer Bank haben Sie zum ersten Mal geküßt? Vermutlich auf einer roten Holzbank, gestiftet von der Stadtsparkasse Sindelfingen, Bottrop oder Kaiserslautern. Damals haben Sie das Messingschild kaum wahrgenommen, aber heute... den Blick geschärft durch die Unkenrufe des Kulturbetriebs, nehmen Sie es genauer unter die Lupe. Und schon sind Sie ein potentieller Zuschauer der kritischen Kinderstunde des ZDF, am Dienstag unter dem aktuellen Titel: „Gefährliche Liebschaft? Wie sich Kunst und Wirtschaft finden“.

Ja, da kommt Spannung auf. Wie viele Fragen lassen sich da nicht stellen, wie viele Verlegenheiten ins Bild setzen, wie viele Stirnfalten in Bewegung bringen. Wenn man so will, nicht wahr. Wenn man anders will, sieht es so aus: Da plazieren sich abwechselnd die Kulturmanager von BMW, Audi, Bayer Leverkusen, Siemens und was es noch dergleichen gibt, die mehr oder minder kultivierten Köpfe im Bild, und sprechen milde Worte über ebensolche Absichten: Wir haben Andy Warhol einen BMW anstreichen lassen, aber doch wirklich nicht, um unsere Autos in den Vordergrund zu spielen... Wir haben die Münchener Philharmoniker in die Audi-Werkshallen zum Konzert geladen, aber das dürfen Sie nicht als Produktförderung verstehen... I wo. Und wenn schon. Wenn ich einen Nolde anschauen kann, soll meinethalben der Otto -Versand ein Schildchen druntersetzen, und wenn die Philharmoniker Tschaikowsky spielen (obwohl es auch mal etwas anderes sein dürfte), warum nicht in der Werkshalle von Audi?

Mich interessieren, mit Verlaub, denn doch andere Dinge: Woher BMW das Geld hat, zum Beispiel. Zahlen die Aktionäre dafür? Setzen sie die Kunstförderung von der Steuer ab? Warum investieren sie nicht in soziale Architektur, von mir aus mit Goldschild in Front? Befürchtet die Deutsche Bank keinen Schwarzen Freitag für die Kunst, in die sie so ungehemmt investiert? (Eine schöne Szene, nebenbei: wie eine repräsentative Mitarbeiterin sich in den vollgepackten Kellern ein Bild oder zwei fürs Büro aussuchen durfte: „Das ist mir etwas zu dunkel... Ich nehm‘ davon zwei.“) - Oder auch: Was ist denn so neu an Ludwigs neuen Kleidern? Wo in nicht allzu fern zurückliegenden Zeiten noch Kirche und Staat Auftraggeber waren, ist es jetzt eine plurale Wirtschaft - kann denn das dieselbe Sünde sein? Und wenn es eine ist: Wo sind dann die Opfer des Vergehens?

Die gezeigten Künstler glauben alle an den Weihnachtsmann: die Mäzenatenfirma ohne Ansprüche, der reinen Kunst verpflichtet. Und die Sendung selbst hob sich ein komfortables Grab aus, als sie bemerkte, die Firmenförderung und das private Mäzenatentum machten gerade einmal drei Prozent der aufgewandten Mittel für Kunst und Kultur aus: Als Tiger losgesprungen, als Bettvorleger gelandet, um Joschka Fischer zu zitieren. Denn vom Ausverkauf der Avantgarde an Phillip Morris (oder wie immer der Konzern sich schreibt) kann nun mal keine Rede sein. Die nächstliegenden Fragen wurden nicht gestellt. Der hysterische, überhitzte Kunstmarkt, dessen Pendant das umtriebige Sponsoring bildet, wurde ebensowenig beleuchtet wie die Motive und Konsequenzen des derzeit marktgerechten Handelns, des Sponsoring eben. Edle Einfalt, stille Größe: das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Elke Schmitter

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