: Welche Jugendarbeit für die Jugend?
■ Bürgerschaft debattierte über Jugendcliquen / CDU: Sozialarbeit im Kindesalter beginnen
„Wir drängen die Jugendlichen geradezu in Alkohol, Drogen, Vandalismus und Kriminalität, wenn Jugendarbeit nicht die Gruppen und ihre Aktivitäten aufgreift“, meint die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Helga Jansen. Daß am Tag nach der Parlamentsdebatte zur Jugendpolitik Presseberichte über eine kriminelle Jugendbande in Huchting erschienen, „paßt wie die Faust aufs Auge“ (Jansen). Verbote und Strafen sind für sie der falsche Weg, um mit Jugendcliquen und —banden umzugehen. Sie fordert stattdessen Räume für die Jugendarbeit, die den Jugendlichen auch „Freiräume“ zugesteht. Mit Jugendlichen, gerade auch mit rechtsorientierten, zu arbeiten, bedeute: Ansprechpartner sein, zuzuhören - die Jugendlichen nicht gleich „sozial verbessern“ zu wollen.
Die Koalitionsparteien hatten mit einer großen Anfrage „Cliquenzusammenhänge im Jugendbereich“ die jugendpolitische Debatte angestoßen. Die Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Maria Spieker verwies auf neue Erkenntnisse der Jugendforschung: Cliquenorientierung sei zentrales Grundprinzip heutiger Jugendarbeit, sei bisher aber meistens auf besonders auffällige Jugendliche beschränkt gewesen. Waren in den 50er Jahren nur ein Drittel der Jugendlichen in Gruppen, seien heute bereits Dreiviertel in Gruppen und dort auf der Suche nach ihrer Identität.
Dies müsse sich auf die Konzeptionen der Jugendarbeit auswirken, so Spieker: Die Jugendfreizeiträume müßten sich der Nutzung durch unterschiedliche Gruppen anpassen, die sich schließlich auch gegeneinander abgrenzen wollen. Wenn Jugendliche, wie in Horn-Lehe, eigenverantwortlich ein Cafe in ihrem Freizi unterhalten wollen, müsse z.B. möglichst unbürokratisch ein Zugang von außen geschaffen werden. Spieker wandte sich deshalb vehement gegen Streichungen im Jugendbereich und forderte neue Konzepte, wie sie im Bereich der Arbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen in Bremen vorbildlich entwickelt würden.
Silke Striezel (CDU) meint dagegen, daß die Sozialarbeit viel zu spät ansetze. Sie will die konzeptionelle Arbeit eher in Kindergärten, in der Familie und in der Schule beginnen lassen: „Nichterziehung ist das Problem“, die meisten Eltern, Lehrer und Erzieher seien überfordert. ra
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