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■ "Informationsdienst" in der Galerie Barbara Weiss

Öffentlichkeitsarbeit ist das A und O des Kunstbetriebs. Vor der Auswahl von KünstlerInnen wälzen Kuratoren stapelweise Kataloge, um sich ein Bild von der Ausstellungswürdigkeit der Diskursausträger machen zu können. Dabei werden Frauen in der Regel großzügig übergangen.

Insofern ist der Informationsdienst, den Ute Meta Bauer, künstlerische Leiterin des Künstlerhauses Stuttgart, eingerichtet hat, eine notwendige Ergänzung des Materialfundus, der die Ausstellungspraxis bestimmt. Doch die Strategie eröffnet neben der Verwaltungstätigkeit auch hinreichende Kriterien über die Strukturen der Selbstbehauptung von Künstlerinnen: Der „Informationsdienst“ sieht sich als Nachricht, die sich selbst reflektiert. Statt sich auf Archivarbeit zu beschränken, versucht das Projekt, eine Transparenz des Umgangs mit Sekundärmaterialien zu weiblicher Kunst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Über mehr als 80 Künstlerinnen hat Ute Meta Bauer Dossiers angelegt, die dezidiert die Rolle von Frauen in der Kunst im Kontext beschreiben. Kataloge, Portfolios und Faltblätter vermitteln den Status, der Künstlerinnen im Betrieb zugewiesen wird. In der Akte „Rosenberg, Aura“ finden sich beispielsweise verschiedene Kataloge, die qua Interpretationsbreite den Werdegang der Künstlerin wiedergeben. Auf diesem Weg wird das Infomaterial zum Supplement der praktischen Entwicklung, indem es sozusagen eine zweite Lesart dem eigentlichen Werk zur Seite stellt. Einmal ausgestellt, wird diese Ebene im Umgang mit der Kunst selbst zum referentiellen Objekt — als Installation von Öffentlichkeit. Diese Doppelstrategie ist auch in bezug auf andere Gruppierungen wie Paper Tiger TV und Act Up zu beobachten, deren Arbeiten in der Dokumentation sich weniger spiegelt denn verschiebt.

Trotz der streng interdisziplinären Präsentation von Kunst als Vermittlungsakt hat es sich die Galeristin Barbara Weiss nicht nehmen lassen, einige der archivierten Künstlerinnen zusätzlich in der üblichen Form auszustellen. Unter dem Titel „... Just to name a few“ sind Arbeiten unter anderen von Louise Lawler, Polly Apfelbaum oder Sophie Calle zu sehen. Dabei beschäftigen sich auch diese Exponate fast ausschließlich mit der Form, in der sich Frauen im Kunstbetrieb gegenüber der männlichen Signifikation verhalten. Apfelbaums Arrangement von neun eingefärbten Stretchsamttüchern geht auf eine Begebenheit in den Disney- Studios zurück, bei der Walt Disney den Sue-Williams-Song „The Lady & The Tramp“ unter Umgehung der Autorinnenrechte veröffentlicht hatte. Unter Männern wäre der Fall sicher vor Gericht ausgetragen worden, so aber muß erst die Ausstellung auf die Diskrepanz in der Jurisdiktion aufmerksam machen. Harald Fricke

„... Just to name a few“ und „Informationsdienst“ bis 27.2., Galerie Barbara Weiss, Potsdamer Straße 93, Di.–Fr. 10–18, Sa. 10–14 Uhr. Heute finden im Rahmen der Präsentation des Informationsdienstes ab 16 Uhr folgende Vorträge statt: Ute Meta Bauer zum Informationsdienst, Sabeth Buchmann zu Gender Studies, Heinz-Werner Lawo/Gerti Fitzeck sprechen über den Ort der Frau und Bojana Pejic über Künstlerinnen: Profession mit Tradition.

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