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■ Kommentar: Zur Krise der PolizeiSkandal Heckelmann

Verständlich ist schon, daß Innensenator Heckelmann als oberster Dienstherr aller Polizisten nicht von Skandal sprechen möchte. Doch was seit Wochen an Verfehlungen, Übergriffen und kriminellen Machenschaften bekannt wird, summiert sich inzwischen zu einer bedrückenden Collage einer Behörde, die längst der Aufsicht des Senators entglitten ist. Die rechtsextremen Waffenhändler in der Polizeireserve, so erschließt sich in der Rückschau, waren nicht ein einzelner Sündenfall, sondern nur die Ouvertüre zu einer Suite des Schreckens. Sexuelle Nötigung, Körperverletzung mit Todesfolge, offenbar rassistische Übergriffe gegenüber Ausländern bis hin zu Streifenfahrten, bei dem Kinder wegen möglicherweise überhöhter Geschwindigkeit getötet werden – all die Vorfälle demontieren das Vertrauen in diese Polizei. Wie bei der Polizeireserve verdichtet sich zugleich der Verdacht, Hinweise auf diese bedrohlichen Entwicklungen haben durchaus vorgelegen, sind freilich nicht ernstgenommen worden; mehr noch: sind unter den Tisch gekehrt worden. So hat vor einem halben Jahr ein Polizeibeamter auf rechtsradikale Tendenzen in der Polizei hingewiesen. Offenbar einzige Folge: Dem Beamten wurden öffentliche Stellungnahmen verboten. Verantwortlich für diese offenbaren Versäumnisse ist nicht der seit kurzem amtierende Polizeipräsident und auch nicht sein aus dem Amt getriebener Vorgänger, sondern der Innensenator Heckelmann. Er blockiert seit Jahren mit rabiaten Eingriffen die Polizei, hat sich freilich vor allem um die Beförderungen von Parteifreunden gekümmert. Im parteipolitischen Gestrüpp steckengeblieben ist dabei eine notwendige Strukturreform. Die Lähmung der Spitze ermutigte jene, die das Polizistendasein offenbar als Freibrief für kriminelles Handeln mißverstanden. Auch wenn Innensenator Heckelmann den gestrigen Mißtrauensantrag überstand, ist der Skandal doch längst bei ihm angelangt. Gerd Nowakowski

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