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Mehr Zeit zum Trödeln

■ Experten: Gewalt bei Kindern entsteht durch „pädagogische Hochleistungen“

Kinder sollten nach Expertenansicht wieder mehr Zeit zum Trödeln haben. Aggressivität und Gewalt bei Heranwachsenden entstünden unter anderem durch übervolle Terminpläne, die „pädagogischem Hochleistungssport“ glichen, sagte Jan Uwe Rogge von der Gesellschaft für Kommunikation und Medien am Dienstag während der Bildungsmesse Interschul '95 in Hannover. „Kinder brauchen viel mehr Freiraum und vor allem weniger Aufsicht.“ Durch eine Theoretisierung des Problems Kindergewalt werde das Bedürfnis der Jugendlichen nach Bewegung nicht mehr berücksichtigt. Die Folge davon sei enthemmte Gewalt.

Vor allem habe sich die Natur der Kindergewalt verändert. Straßenkämpfe in Berlin hätten in den vergangenen Jahren um etwa 80 Prozent abgenommen, zitierte der Familientherapeut Rogge eine entsprechende Untersuchung. Die Verletzungen bei Jugendlichen hätten dagegen um 80 Prozent zugenommen. Grund dafür sei eine „Entritualisierung“ der Aggressivität. Während es früher als feste Regel galt, am Boden Liegende nicht zu schlagen, werde heute wahllos und mit mehr Brutalität geprügelt.

Rogge warnte davor, Aggressivität als unnatürlich zu betrachten. „Dieses Verhalten ist Bestandteil des Lebens und notwendig zum Selbständigwerden.“ Erziehung solle daher eine „Kultivierung von Aggressionen“ sein. Eltern und Lehrer sollten der Gewaltbereitschaft der Kinder aktiv begegnen. Spielplätze ohne Beobachtung und „Rangelzonen“ auf dem Schulhof seien ein erster Schritt. dpa

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