Das Beste aus beiden Welten

Handballer Magnus Andersson stand 1993 in Schwedens Weltmeisterteam: Nun will er Olympiagold – und mit TuS Schutterwald in die Bundesliga  ■ Von Frank Ketterer

Schutterwald (taz) – Über Langeweile kann Magnus Andersson (30) in diesen Tagen nicht klagen. Zu oft muß er dafür raus aufs Parkett, um seine handballerischen Fähigkeiten zu demonstrieren. Sieben Spiele in acht Tagen wird er bis zum Wochenende absolviert haben, und daß er dies abwechselnd in der Heimat für die schwedische Handballnationalmannschaft und für seinen Verein TuS Schutterwald tut, macht die Geschichte nur noch erzählenswerter.

Zwischen Skövde, wo er mit Schweden gestern gegen Tschechien in den World-Cup gestartet ist, und Schutterwald nämlich liegen nicht nur ein paar Kilometer, sondern einige Handballwelten. Welt- und Europameister wurde Andersson mit den Skandinaviern, bei der WM 1993 gar zum besten Spieler des Turniers gewählt. So einer hat normalerweise nichts in Schutterwald verloren. Jedenfalls nichts in der zweiten Bundesliga. Und doch, so seltsam es anmutet, ist er gerade in die badische Handballprovinz zurückgekehrt, um sein vielleicht letztes sportliches Ziel vorzubereiten.

Im Sommer geht es in Atlanta um olympisches Gold, eine Auszeichnung, die Andersson und seinen erfolgsverwöhnten Kameraden noch fehlt in der Sammlung. „Das ist ein sehr wichtiges Jahr für uns“, sagt der eher schmächtig wirkende Blonde. Dieses Jahr erfolgreich zu gestalten ist auch er Opfer zu bringen bereit. Kein allzu großes, aber immerhin: Es gibt Angenehmeres als als Spielmacher von Weltrang in der zweiten Liga die Bälle zu verteilen, wo mangelnde Spielkultur nicht selten mit Härte kompensiert wird, gerade wenn es gegen einen ehemaligen Weltmeister geht.

Andererseits hätte ein Verbleiben bei Drott Halmstad, seinem ehemaligen Club, die Olympiamission gefährdet. In Schweden gibt es keine Profiliga. Dort mußte Andersson tagsüber zur Arbeit, abends dann ging's zum Training. Für den Handball war diese Doppelbelastung nicht förderlich. Um deutlicher zu werden: Andersson war auf dem besten Weg, sich aus der Nationalmannschaft zu spielen.

Nicht daß es an anderen Angeboten gemangelt hätte, selbst der ruhmreiche FC Barcelona, immerhin Europapokalsieger der Pokalsieger, hatte Interesse bekundet. Doch eine hektische Millionenmetropole wollte Andersson sich und seiner Familie nicht zumuten. „Es ist wichtig, daß ich mich wohlfühle“, sagt er. In der Schutterwälder Beschaulichkeit, das wußte er, würde das garantiert der Fall sein. Vor fast drei Jahren, der TuS spielte damals noch in der Bundesliga, war er nämlich schon einmal hier.

Selbstredend, daß einer wie er die Erwartungen hochschraubt. „Für uns gibt es nur eines: den Aufstieg“, sagt Spielertrainer Martin Heuberger. „Wenn es in dieser Saison nicht klappen sollte, müssen wir wohl kleinere Brötchen backen“, ergänzt TuS-Manager Edgar Heuberger, der mit dem Trainer nur zufällig den Namen teilt. Rund eine Million Mark darf die laufende Saison kosten, einer der höchsten Etats in der zweiten Liga, der Aufstieg soll inbegriffen sein.

Fast hätten sie ihre Ziele schon vorzeitig begraben müssen. Zu kurz war die gemeinsame Vorbereitungszeit, als daß Andersson und die Mannschaft jenes Verständnis füreinander hätten entwickeln können, das, auch in der zweiten Liga, ein gutes von einem schlechten Team unterscheidet. Nach fünf Spieltagen standen 4:6 Punkte auf dem Konto, auch weil Andersson (noch) nicht die Leistung brachte, die man sich von ihm erwartet hatte. „Die Mannschaft hat sich am Anfang zu sehr auf Magnus verlassen“, sagt Martin Heuberger, der schwedische Star schien mehr zu lähmen denn zu beflügeln.

Das hat sich längst geändert, von Spiel zu Spiel lief der Ball besser durch die TuS-Reihen, weil auch Andersson mehr und mehr zu seiner alten, weltmeisterlichen Form zurückfand. Mit zuletzt 22:0 Punkten setzten sich die „roten Teufel aus der Ortenau“ an die Tabellenspitze.

Daß es mit dem Aufstieg nicht klappen könnte, will Andersson erst gar nicht ins Kalkül ziehen. Schon sich zuliebe nicht. Ein weiteres Jahr zweite Liga müsse wirklich nicht unbedingt sein, sagt er. Schon gar nicht, wenn man bedenkt, daß er als Olympiasieger aus Atlanta zurückkehren möchte. Und wenn es die Schutterwälder doch wieder nicht schaffen? Magnus Andersson braucht nur einen kurzen Moment zum Nachdenken: „Wir müssen aufsteigen“, sagt er.