: Tropenholz, politically correct
Was bringen Gütesiegel für ökologisch korrektes Tropenholz? Umweltschützer sind skeptisch, die lokale Bevölkerung hat wenig davon ■ Von Christoph Meyer
Holzhändler, Fensterbauer, Möbel- und Musikinstrumente- Hersteller freuen sich auf ein neues Gütesiegel: für ökologisch korrektes Tropenholz. Bereits in diesem Jahr könnte auf Türblättern, Klobrillen und Blockflöten aus Meranti oder Teak das Gütesiegel des Weltforstrates (Forest Stewardship Council, FSC) kleben, das eine „natürliche Waldbewirtschaftung“ garantiert. Darf man Tropenholz jetzt wieder kaufen?
Die Tropenwaldschützer haben dabei Bauchschmerzen. Mit dem Argument „99 Prozent des Tropenholzes kommen aus Raubbau – auch Dein Teak-Frühstücksbrettchen trägt zum Tod des Regenwaldes bei!“ hatten sie in Deutschland erfolgreich zum Boykott aufgerufen. Im Prinzip hat sich an den Gründen für den Boykott nichts geändert, die Zerstörung durch den Holzeinschlag nimmt weltweit sogar noch zu. Kann ein Gütesiegel für eine bessere Forstwirtschaft daran etwas ändern?
Die Waldschutzorganisationen können sich die Antwort nicht mehr aussuchen, denn Gütesiegel sind schon da. Unter den tropischen Ländern ist das Gütesiegel- Fieber ausgebrochen. Die Länder hoffen, den lukrativen Holzmarkt in den „umweltbewußten“ Industrieländern Nordamerikas und Europas rückzuerobern.
Bislang fehlt all diesen bereits existierenden Gütesiegeln allerdings das Wichtigste: die Glaubwürdigkeit. Hier soll nun Abhilfe geschaffen werden. Um glaubwürdige und weltweit einheitliche Standards zu setzen, wurde 1993 in Toronto der Weltforstrat mit Sitz in Mexiko gegründet. Er erarbeitet selbst kein eigens Gütesiegel für Holz, sondern nur Grundsätze und Kriterien für die Gütesiegel-Aussteller. Diese können sich akkreditieren, wenn sie ihre Prüfkriterien an diesen Grundsätzen ausgerichtet haben, und dürfen dann ein FSC-Gütesiegel ausstellen.
Neun Grundsätze hat der Forstrat nach langwierigen Verhandlungen zwischen den Interessengruppen Industrie und Handel, Umwelt und Menschenrechtsgruppen nun veröffentlicht. Sie gelten für alle Wälder und umfassen die sozialen, ökologischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Waldnutzung. Die Handelswege müssen kontrollierbar sein. Ein zehnter Grundsatz über Plantagenwirtschaft wird noch diskutiert.
Auch Malaysia möchte einen Teil seines Holzes mit einem Gütesiegel versehen haben. In den vergangenen Jahren belieferte das südostasiatische Land stets über die Hälfte des internationalen Tropenholzmarktes. Inzwischen ist das Land weitgehend leer geholzt. Jahrelang plünderten staatlich begünstigte Holzfirmen die Wälder gegen den erbitterten Widerstand der lokalen Bevölkerung, die ihren Wald behalten wollte, aber keine Landrechte hatte.
Die malaysische Regierung zieht jetzt die Notbremse und begrenzt den Holzeinschlag rigide. Zur Überwachung werden Satelliten eingesetzt. Die letzten Regenwaldreste werden schonender bewirtschaftet, zum Beispiel indem Hubschrauber den Abtransport der Stämme übernehmen.
Die lokale Bevölkerung hat allerdings weiterhin das Nachsehen. Sie sieht ihre wertvollen Illipe- Nußbäume nun durch die Luft entschwinden, die dann anderswo als Meranti-Fenster vermarktet werden.
Dabei wären die Waldvölker der beste Garant für eine dauerhafte Waldnutzung, wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen. In Papua-Neuguinea und auf den Salomoninseln wird bei einigen wegweisenden Projekten Tropenholz für den Export gewonnen. Mit tragbaren Sägen produziert die lokale Bevölkerung Schnittholz direkt im Wald. Ihre Land- und Nutzungsrechte am Wald sind garantiert, was ihr Interesse an langfristigem Wirtschaften sichert.
Dieses Holz ist teurer, die Mengen sind gering, weil schwere Maschinen nicht zum Einsatz kommen – deshalb brauchte dieses Holz dringend die Förderung durch ein spezielles Gütesiegel. Ein solches ist jedoch nicht in Sicht, denn die Gütesiegel-Standards des Forest Stewardship Council zielen auf die großen Holzmengen, die vor allem von den Konzernen eingeschlagen werden. Doch große, unbedenkliche Mengen von Tropenholz wird es bis auf weiteres nicht geben und billige schon gar nicht.
Der Autor ist Fachreferent für Tropenwald bei der Umweltorganisation Robin Wood.
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