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„Wir wissen jetzt genauer, wo wir stehen“

■ Trainer Gero Bisanz versucht der US-Reise der deutschen Fußballerinnen trotz zweier Niederlagen gegen die USA und 0:8 Toren etwas Positives abzugewinnen

Berlin (taz) – Die USA-Reise gelte als Standortbestimmung für Olympia, meinte DFB-Frauen- Chefcoach Gero Bisanz vorab. Doch in den beiden Spielen des Wochenendes ging es natürlich auch ums Prestige. Die deutschen Fußballerinnen sind schließlich Europa- und Vizeweltmeisterinnen. Die US-Frauen wurden im letzten Sommer als Nummer eins entthront und kehrten mit WM- Bronze leicht angeschlagen nach Hause zurück. Drei deutschen standen sechs amerikanische Siege gegenüber, bis jetzt im Atlanta- Vorort Decatur das US-Team der DFB-Auswahl mit 6:0 die höchste Niederlage ihrer Geschichte zufügte und kurz darauf mit 2:0 in Davidson (North Carolina) einen weiteren Sieg landete.

Ein verkorkster Start in die olympische Saison, doch obwohl seine Spielerinnen die alte Sepp- Herberger-Weisheit „Tore schießen und Tore verhindern – das ist die einzige Forderung“ nicht beherzigten, gewinnt Bisanz den beiden Niederlagen Positives ab. Ein starker Gegner zeige am besten die Defizite auf. „Wir wissen jetzt genauer, wo wir stehen, und daß wir uns gewissenhaft vorbereiten müssen, wenn wir unser Medaillenziel erreichen wollen. Ich werde zusätzliche individuelle Trainingspläne ausarbeiten.“ Schon vor der USA-Reise hatte Bisanz in einer Tagung mit den sportlichen Leitern der Bundesligateams darauf hingewiesen, daß, wie Frank Fahle vom FC Rumeln-Kaldenhausen es nennt, „wir im Training richtig Gas geben müssen“.

Vor allem das 0:6 zum Auftakt dürfte seine Wirkung nicht verfehlt haben. Denn die ersten fünf Gegentreffer beruhten auf individuellen Fehlern in der Abwehr, die höchst ungewohnt sind. Sogar ein Eigentor von Birgitt Austermühl (FSV Frankfurt) war dabei. Der lange Winter und die mangelnde Spielpraxis war den Spielerinnen deutlich anzumerken. Schon im zweiten Spiel lief es besser. Aufgrund stürmischen Beginns der Gegnerinnen boten sich mehrere Konterchancen für Heidi Mohr und Maren Meinert. Dennoch gelang Tiffeny Milbrett in der 17. Minute das 1:0, weil die USA es verstanden, eine Überzahl, entstanden durch eine Behandlungspause von Kerstin Stegemann, zu nutzen. Das 2:0 fiel erst in der 89. Minute, erzielt von der 24jährigen Kristine Lilly in ihrem 108. Länderspiel.

Trotz der Steigerung gibt es Anlaß zur Sorge beim deutschen Team. Maren Meinert, eine feste Größe in der Offensive, zog sich einen Kreuzbandriß zu. Olympia ade. Torjägerin Birgit Prinz (FSV Frankfurt) konnte mit einer Knieverletzung die Reise gar nicht erst antreten. Vorsorglich hatte Gero Bisanz drei U-20-Spielerinnen mitgenommen, von denen Claudia Lübbers (SV Wilhelmshaven) bereits als Meinert-Ersatz gehandelt wird. Aber auch die Chancen der 18jährigen Sandra Smisek, die, bislang unberücksichtigt, mit 27 Toren aus 15 Bundesligaspielen für den FSV Frankfurt wuchert, dürften steigen. In der Abwehr sorgt Jutta Nardenbach (TuS Ahrbach) nach mehrjähriger Pause, aber der Erfahrung aus nunmehr 49 Länderspielen, für Alternativen.

Alles in allem sieht Bisanz seinen Kader auf dem richtigen Weg, und damit im Plan. Bereits die kommenden Wochen sollen Bestätigung bringen: Am 11. April geht es in Unterhaching gegen die Slowakei, am 2. Mai in Jena gegen Weltmeister Norwegen und drei Tage später in Gifhorn gegen Finnland. Diese drei Heimspiele in der EM-Qualifikation zählt Bisanz zur Olympiavorbereitung, allerdings mit einer klaren Maßgabe. „Wir wollen den Gruppensieg, um uns eine sonst nötige Relegation für das Endturnier 1997 zu ersparen.“ Rainer Hennies

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