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Wachbeamte ersetzen Pflegepersonal

Fusion der Psychiatrie-Einrichtungen für Gefangene in Pankow und Reinickendorf: als „Krankenhaus des Maßregelvollzugs“ künftig der Senatsverwaltung für Gesundheit unterstellt  ■ Von Isabel Fannrich

Ein Verwaltungsakt mit weitreichenden Folgen: Seit heute unterstehen die Abteilung für Forensische Psychiatrie der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Reinickendorf sowie die Forensisch- Psychiatrische Klinik des Klinikums Buch in Pankow der Senatsverwaltung für Gesundheit. Das neue „Krankenhaus des Maßregelvollzugs“ umfaßt jetzt die insgesamt 310 Betten, von denen 70 nach wie vor beim Klinikum Buch verbleiben.

Die Forensik nimmt als gerichtsmedizinische Abteilung Straftäter zur psychiatrischen Behandlung auf. Nachdem es in den letzten Jahren immer wieder zu Ausbruch- und Fluchtversuchen bei Freigängen gekommen ist, sollen laut Senatsgesundheitsverwaltung die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt werden: Dabei handelt es sich einerseits um bautechnische Maßnahmen wie die Anbringung von Außenkameras und Metalldetektoren an Eingängen und Arbeitsplätzen. In der Bonhoeffer- Klinik wurden dafür 3,5 Millionen Mark investiert. In Buch entsteht bis Ende des Jahres ein Neubau mit installierter Sicherheitstechnik, für den über drei Millionen Mark veranschlagt sind.

Zum anderen soll ein Sicherheitsdienst zur besseren Überwachung der Patienten auf dem Klinikgelände und bei Freigängen eingeführt werden. Kostenpunkt pro Jahr: 4,3 Millionen Mark. Verwaltungsleiter Grüneberg in Buch: „Bisher hat ein nicht qualifizierter privater Wachdienst diese Aufgabe übernommen.“ In Reinickendorf mußten Krankenpfleger die Aufpasserrolle übernehmen. Dr. Peter Nöres, Chefarzt der Forensik II in Reinickendorf: „Das Personal ist für den neuen Wachdienst. Die Überlappung von Pflege- und Kontrollaufgaben ist überfordernd.“

Insgesamt sollen 72 Wachleute eingestellt werden; zwei Drittel der Stellen entstehen in der Bonhoeffer-Klinik. Der Senat erwägt, für diese Aufgabe unter anderem Polizisten aus dem Personalüberhang zu rekrutieren. Personalrat Michael Henning der Reinickendorfer Klinik beklagt die „mangelnde Ausbildung“ der Wachleute und befürchtet, „daß diese Maßnahme nicht viel zur Erhöhung der Sicherheit beiträgt“.

Da sich Krankenpfleger nach Einführung des Sicherheitsdienstes wieder verstärkt ihren pflegerischen Tätigkeiten zuwenden können, sieht die Senatsgesundheitsverwaltung die Möglichkeit, freiwerdende Stellen in diesem Bereich nicht wieder zu besetzen. Personalrat Henning spricht von insgesamt 36 Stellen, die langfristig betroffen sind. Chefarzt Nöres bezeichnet diesen Schritt als „folgerichtig“ und betont, daß nach wie vor die Betreuung der Patienten Vorrang habe vor der Sicherung nach außen.

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