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Die Europäer mucken gegen Clintons Embargos auf

■ Sollten die US-Sanktionen gegen Libyen und Iran europäische Unternehmen treffen, drohen die EU-Staaten, den Schadensersatz von US-Firmen einzutreiben

Brüssel (taz) – Zwischen den USA und der Europäischen Union bahnt sich ein Handelskrieg an. Als Antwort auf das Helms-Burton- und das D'Amato-Gesetz bereitet die Europäische Union eine EU-Regelung vor, die US-Firmen in Europa für den Schaden haftbar machen soll, der europäischen Unternehmen in den USA entsteht.

US-Präsident Bill Clinton hatte am Montag ein vom US-Kongreß ausgearbeitetes Gesetz unterzeichnet, nach dem sich die USA das Recht vorbehalten, Sanktionen gegen US-Niederlassungen von ausländischen Unternehmen zu verhängen, die in Libyen oder Iran mehr als 40 Millionen US- Dollar investieren. Ein ähnliches Gesetz wurde im März gegen Kuba verabschiedet.

Die EU protestiert gegen diese Ausweitung von US-Gesetzen auf den Welthandel und pocht auf die internationalen Handelsabkommen. „Wir unterstützen die Entschlossenheit der USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus“, sagte EU-Handelskommissar Sir Leon Brittan, „aber wir glauben, das D'Amato-Gesetz geht in die falsche Richtung.“

Im Gegensatz zum Helms-Burton-Gesetz, das sich gegen Investitionen in Kuba richtet und lediglich einige europäische Reiseunternehmen in Bedrängnis bringt, trifft das D'Amato-Gesetz die europäischen Erdölimporte. Die EU nimmt ein Drittel der iranischen Erdölausfuhren und zwei Drittel der libyschen Erdölexporte ab. Fast alle großen Ölkonzerne von Elf Aquitaine über Total und Petrofina bis Agip haben Milliarden in den beiden Ländern investiert. Auch die deutsche Veba-Gruppe hat dort Niederlassungen.

Betroffen sind allerdings nicht bisher bestehende Anlagen. Das D'Amato-Gesetz richtet sich nur gegen künftige Investitionen, verhindert damit allerdings jede Entwicklung der Geschäftstätigkeit. Vor allem der italienische Agip- Konzern plant in Libyen, sechs Milliarden US-Dollar ins Erdgasgeschäft zu stecken.

Mit welchen Sanktionen diese Unternehmen für ihre US-Niederlassungen rechnen müssen, ist noch unklar. Das D'Amato-Gesetz enthält einen Katalog von Vorschlägen, von Einfrieren der Konten bis zur Beschlagnahme von Anlagen, aus dem der US-Präsident noch auswählen muß.

Als Antwort will die Europäische Union ein Anti-Boykott-Gesetz beschließen. Nach Informationen aus der EU-Kommission sollen Europäische Unternehmen den Schaden, der ihnen in den USA aus solchen US-Gesetzen entsteht, vor EU-Gerichten zurückfordern können. Diese Gelder sollen bei europäischen Niederlassungen von US-Firmen beschlagnahmt werden, die gegen europäische Firmen wegen deren Tätigkeiten in Kuba, Libyen und Iran geklagt haben.

Die US-Regierung hat unterdessen die weiche Haltung der EU-Staaten gegenüber dem internationalen Terrorismus kritisiert. Die Europäer sollten ihren bisherigen kritischen Dialog mit mutmaßlichen Unterstützern des Terrors überdenken, hieß es gestern aus Washington. Vor allem Deutschlands Außenminister Klaus Kinkel (FDP) hat bisher mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran die EU zum Festhalten am kritischen Dialog gedrängt. Man werde die exterritoriale Anwendung von US-Handelssanktionen nicht hinnehmen, assistierte gestern sein Parteifreund, Bundeswirtschaftsminister Günter Rexroth. Alois Berger

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