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Castor-Gegner zeigen 110 Polizisten an

■ Nach den Übergriffen vom Mai konnte die BI wenige Namen feststellen

Hannover (taz) – Aktenordner mit brisanten Inhalt haben die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg und der Ermittlungsausschuß Gorleben gestern der Staatsanwaltschaft Lüneburg überreicht: Die Ordner enthalten 110 Strafanzeigen gegen Polizisten und Bundesgrenzschutzbeamte, die sich der Freiheitsberaubung, Nötigung, gefährlichen Körperverletzung und Beleidigung strafbar gemacht haben sollen. Der Ermittlungsauschuß der BI hat dies aus Hunderten Berichten von Augenzeugen und Betroffenen dokumentiert.

Gut 50 der Strafanzeigen haben Bauern gestellt, deren Traktoren am 8. Mai fernab der Castor-Transportstrecke von teilweise prügelnden Polizisten und Bundesgrenzschützern demoliert wurden. Wegen Freiheitsberaubung, aber auch wegen Körperverletzung haben vor allem Atomgegner Strafanzeige gestellt. Sie waren in Karwitz und Netzendorf von der Polizei ohne Rechstgrundlage eingekesselt worden.

Vor der Übergabe der Strafanzeigen haben gestern in Lüneburg unter dem Slogan „Wir klagen an“ rund 500 Atomgegner gegen die Straftaten „aus der uniformierten Anonymität“ protestiert. BI-Sprecher Wolfgang Ehmke sagte, daß noch zu viele Mißhandlungen und Demütigungen einfach hingenommen würden. Zahlreiche Strafanzeigen richten sich denn auch gegen namentlich nicht bekannte Polizisten.

Ein 28jähriger Demonstrant aus Norderstedt kennt seinen uniformierten Mißhandler allerdings. Der junge Mann hatte im Mai bei der polizeilichen Vorkontrolle eines Busses aus Hamburg eine Wirbelsäulenzerrung, eine Schädelprellung und eine Platzwunde am linken Knie durch einen Polizisten aus Sachsen-Anhalt erlitten. Als der junge Mann über seinen Anwalt Schmerzensgeld einforderte und fünf Zeugen für die mit Fotos dokumentierte Straftat benannte, stritt die Bezirksregierung Lüneburg ab, daß es überhaupt polizeiliche Vorkontrollen von Bussen gegeben habe. Jürgen Voges

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