Baggern nach den Gestapo-Kellern

■ ArchäologInnen begleiten die Aushebung der Baugrube für den Neubau auf dem Gelände der Topographie des Terrors. Suche nach der Bodenplatte des Bunkers

Auf dem Gelände der ehemaligen Gestapo-Zentrale wird jetzt die Baugrube für den Neubau des Dokumentations- und Begegnungszentrums „Topographie des Terrors“ ausgehoben. Drei ArchäologInnen begleiten die Baggerarbeiten für rund sechs Monate, um mögliche Funde, Gebäude- und Mauerreste, aber auch Utensilien der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) zu sichern und zu dokumentieren. In einem gemauerten Einstieg, einem Versorgungschacht, sind bereits ein Stahlhelm und Reste einer englischen Fliegerbombe gefunden worden.

Peter Fuchs vom Landesdenkmalamt rechnet jedoch nicht, wie 1987, als die provisorische Ausstellung entstand, mit spektakulären Funden. Denkbar seien beispielsweise Reste der Gefängnismauer der Gestapo. 1987 wurden Keller, bis dahin unbekannter Herkunft, gefunden. Ein Küchentrakt war 1943 unmittelbar am Gefängnishof der Gestapo errichtet worden. „Wir hoffen, die Bodenplatte des Luftschutzbunkers der Gestapo zu finden“, sagt Grabungsleiterin Martina Milarch von der Archäologischen Denkmalpflege. Jedoch existierten keine Pläne, wo der genaue Standort des Bunkers sei, den die SS noch 1943 von einem Häftlingskommando aus Sachsenhausen bauen ließ. Ist die Bodenplatte in ungefähr drei oder vier Metern Tiefe tatsächlich unversehrt oder nur teilweise zertrümmert, könne sie ein Teil des Fußbodens für den Neubau werden.

Nach dem preisgekrönten Entwurf des Schweizer Architekten Peter Zumthor entsteht neben den seit 1987 der Öffentlichkeit zugänglichen Versorgungskellern der Gestapo eine langgestreckte, spartanische Ausstellungshalle. Gestaltende Elemente sind 26 Zentimeter breite Längsstreifen aus Glas und Beton in der Fassade. Zumthor wollte eine „Gebäudehülle“ schaffen, die „reine Struktur“ ist, „die keine andere Sprache spricht als die ihres Baumaterials, ihrer Konstruktion und ihrer ehemaligen Funktion“. Der Neubau wird in östlicher Verlängerung des bisherigen Ausstellungspavillons errichtet, ein Rechteck von 15 Meter Breite und 130 Meter Länge.

Im Frühjahr kommenden Jahres sollen dann die Betonarbeiten für den Keller des Stiftungsneubaus beginnen. Geplant ist eine ständige Ausstellungshalle im Erdgeschoß, in der die zur 750-Jahr- Feier Berlins entstandene Dokumentation „Topographie des Terrors“ gezeigt wird. Bibliothek, Archiv sowie ein Besuchs- und Informationszentrum zur Geschichte der NS-Terrorzentralen und Wechselausstellungen ergänzen die Hauptausstellung.

In diesen wechselnden Ausstellungen soll aufgegliedert nach einzelnen Ländern eine umfassende Dokumentation des europäischen Terrors gezeigt werden, jeweils in Deutsch und in der Landessprache. In der Planung sind laut Andreas Nachama, Geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Ausstellungen über die Sowjetunion, Polen und Italien.

Die Kosten für das neue Gebäude sind bisher gesichert. So beträgt die vom Abgeordnetenhaus nach den Koalitionsverhandlungen bewilligte Bausumme 45 Millionen Mark, sagt der Wissenschaftliche Direktor Reinhard Rürup. Eine Million Mark vom Gesamtetat seien für die Neugestaltung der Außenanlagen auf dem Gelände eingeplant. In diesem Jahr können 8 Millionen Mark ausgegeben werden, im nächsten Jahr 15 Millionen. Das Land Berlin ist neben dem Bund einer der beiden Gesellschafter der Stiftung. Das Gebäude soll am 9. November 1998 eröffnet werden. Julia Naumann