: Verschiebebahnhof für 600 BVGler
■ Mit Druck und einer Abfindung versucht die BVG, ihre S-Bahn-Beschäftigten wegzuekeln. Viele Betroffene weigern sich, weil sie bei der S-Bahn GmbH rund 1.000 Mark weniger Lohn bekämen
600 Beschäftigte der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sitzen in der Klemme. Sie arbeiten für die S-Bahn, haben aber noch Arbeitsverträge bei der BVG. Mit Druck und dem Angebot einer Abfindung von 50.000 Mark versucht das Unternehmen jetzt, möglichst viele der S-BahnerInnen loszuwerden. Die S-Bahn GmbH freilich will nur 300 Bedienstete übernehmen – zu wesentlich geringerer Bezahlung.
„Die Stimmung bei uns ist auf dem Nullpunkt“, beschwert sich ein Arbeiter des S-Bahnwerks Wannsee. „Wir hängen zwischen Baum und Borke.“ Betroffen sind fast alle Beschäftigten der S-Bahn im ehemaligen West-Berlin, unter anderem die TriebwagenführerInnen und Mechaniker.
Als die S-Bahn GmbH 1994 gegründet wurde, behielten sie zunächst ihre Verträge bei der BVG. Diese sind eigentlich bis zum Jahr 2000 gültig. Weil der Senat aber seine Subventionen an die BVG kürzt, versucht das Unternehmen jetzt schon, beim Personal zu sparen.
Die Gelegenheit für die BVG ist günstig: Die S-Bahn GmbH will rund die Hälfte der Bahnbediensteten übernehmen – unter anderem, weil sie mit deren Fortbildung nach BVG-Art unzufrieden ist. Wer allerdings zur S-Bahn geht, muß mit herben finanziellen Einbußen rechnen. Der niedrigere Tarif und Wegfall einiger BVG-spezifischer Vergünstigungen führen zum Verlust von 1.000 bis 1.400 Mark brutto monatlich. Deswegen scheuen viele Beschäftigte der S-Bahn den Wechsel ihres Arbeitgebers.
Auf zwei Wegen versucht die BVG zur Zeit, möglichst mehr als 300 S-BahnerInnen zu verabschieden. Einerseits verhandelt man mit der S-Bahn GmbH, um die Zahl der Übernahmen zu erhöhen. Doch diese Gespräche sind gerade festgefahren. Demnächst sollen sie auf Vorstandsebene fortgesetzt werden.
Andererseits übt man Druck auf die S-BahnerInnen aus: Der BVG-Vorstand legt ihnen nahe, doch bitte selbst zu kündigen. Um Druck zu machen, läßt man die betroffenen Beschäftigten über ihre berufliche Zukunft nach Auflösung des S-Bahnbereichs bei der BVG völlig im unklaren. „Vielleicht werde ich dann Kartenabreißer“, meint ein langgedienter S-Bahn-Mechaniker. Die Berliner Verkehrsbetriebe verweigern gegenwärtig jede Stellungnahme zu dem Geschacher um ihre 600 Bahnbediensteten.
Wegen der schlechten Bezahlung bei der S-Bahn rät BVG-Personalratschef Uwe Nitzgen seinen KollegInnen, dem Druck nicht nachzugeben und statt dessen bei der BVG zu bleiben. „Keiner muß gehen“, so Nitzgen. Kündigungen durch die BVG seien einstweilen nicht zu befürchten, weil die Gewerkschaft ÖTV diese im Tarifvertrag verhindert habe. Die angebotene Abfindung von 50.000 Mark wiege die Geldeinbuße der Beschäftigten durch den schlechteren Lohn und die reduzierte Altersversorgung bei der S-Bahn GmbH im übrigen nicht auf.
Auch Nitzgen macht sich allerdings Sorgen über die miesen Berufsaussichten der S-BahnerInnen bei der BVG. Wer etwa bislang die modernen S-Bahnen gewartet habe, finde möglicherweise keinen entsprechenden Ersatz für seine Tätigkeit. „Der BVG-Vorstand hat seine Hausaufgaben nicht gemacht“, so Nitzgen. Bei den Verkehrsbetrieben fehle ein Entwicklungs- und Personalkonzept, was man mit den 600 S-BahnerInnen anfangen könnte. Hannes Koch
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