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Neonazi-Marsch in Worms

■ Polizei griff spät ein. Fast 300 Festnahmen zum Heß-Todestag. Straßenschlacht in Südschweden

Worms (taz/AP/rtr) – Trotz eines bundesweiten Kundgebungsverbots haben am Samstag Hunderte von Neonazis versucht, sich an verschieden Orten der Bundesrepublik zu Kundgebungen zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß zu versammeln. Aufgrund massiver Polizeipräsenz gelang ihnen das nur in Worms am Rhein. Dort konnten sich rund 250 Neonazis ungehindert auf dem Domplatz sammeln, durch die Innenstadt zum Kriegerdenkmal ziehen und dort eine halbstündige Kundgebung inszenieren, auf der Parolen skandiert wurden wie „Rudolf Heß – das war Mord!“ Die Polizei griff erst ein, als die Neonazis zurück zum Dom marschieren wollten. Dabei sind 146 Personen in Gewahrsam genommen worden, die sich gestern wieder auf freiem Fuß befanden.

Ein Polizeisprecher in Wiesbaden wies den Vorwurf, zu spät eingegriffen zu haben, gestern zurück. Nachdem am frühen Nachmittag bekanntgeworden sei, daß sich die Rechtsradikalen in Worms sammelten, seien „sofort“ Polizeikräfte zusammengezogen worden. In einer Presseerklärung aus dem Präsidium heißt es dagegen, daß „frühzeitig Hinweise über die Bewegungen rechtsextremistischer Gruppen“ vorgelegen hätten.

In anderen Bundesländern kam es zu zahlreichen Festnahmen. In Thüringen wurde über zwei von 56 festgenommenen Personen „Vorbeugehaft“ bis zum heutigen Montag verhängt. Bei Fahrzeugkontrollen wurden verschiedene Waffen beschlagnahmt. In Baden-Württemberg und Hessen wurden 79 Neonazis in Gewahrsam genommen.

Bei einer genehmigten Ausweichdemonstration von Neonazis im südschwedischen Trollhättan haben sich mehrere hundert aus Skandinavien und Deutschland eingereiste Neonazis mit ebenso vielen Gegendemonstranten und der Polizei eine Straßenschlacht geliefert. Klaus-Peter Klingelschmitt

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