: Verdrängtes Massaker
Der Aufstand von Kwangju im Mai 1980, für dessen blutige Niederschlagung Expräsident Chun Doo Hwan gestern zum Tode verurteilt wurde, gilt heute als Geburtstunde der modernen südkoreanischen Demokratie. Was damals wirklich geschah, kam dem südkoreanischen Normalbürger jedoch erst in den letzten zwei Jahren zu Ohren. Dafür sorgte zunächst die erfolgreichste Serie der koreanischen Fernsehgeschichte: „Sanduhr“. Ihre zwei befreundeten Helden, ein Verbrecher und ein Staatsanwalt, kommen beide aus Kwangju, was schon deshalb als etwas Besonderes empfunden wurde, weil man die Provinzstadt im Südwesten traditionell als Heimat der Armen und Ausgestoßenen verspottet. Die Fernsehserie dokumentierte erstmals für eine breite Öffentlichkeit das Massaker. Soldaten wurden unter Drogen gesetzt und mußten tagelang hungern, bevor sie auf die rebellierenden Bürger gehetzt wurden.
Auf den Straßen von Kwangju befahlen die Soldaten damals den Bürgern, sich bis auf die Unterwäsche zu entkleiden und in Massenparaden Unterwürfigkeitsgesten durchzuführen – spätestens bei dieser Szene, welche das Fernsehen ausführlich nachstellte, begriffen viele SüdkoreanerInnen die verbrecherische Natur der damaligen Staatsgewalt. Umstritten bleiben die Opferzahlen von Kwangju: 200 Menschen starben laut Armee, 2.000 nach Angaben Angehöriger der Opfer. Grabungen an vermuteten Massengräbern haben nicht stattgefunden. g.b.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen