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Das PortraitClintons Schwein

■ Dick Morris

Er war, sagen Eingeweihte, das Hirn hinter Clinton; nicht bloß Wahlkampfmanager, sondern Mastermind der Strategie, aus einem Demokraten einen De-facto-Republikaner zu machen und damit den echten Republikanern die Show zu stehlen. Nun ist Dick Morris ganz hirnlosen Aktivitäten zum Opfer gefallen. Er trat zurück, als eine Boulevardzeitung enthüllte, Morris gehe in seiner Washingtoner Hotelsuite nicht nur der Politik nach, sondern auch einer Prostituierten. Schlimmer: Sie war klüger als er. Die 37jährige Sherry Rowlands führte ein Sextagebuch und verkaufte es der Zeitung Star.

Das Blatt hat mit solchen Geschichten Erfahrung: Beim Präsidentschaftswahlkampf 1992 zahlte es der Staatsbeamtin Jennifer Flowers aus Arkansas 100.000 Dollar für ihre Version einer Affäre mit Clinton. Klug die Langeweile US- amerikanischer Parteitage ausnutzend, fütterte der Star nun ausgewählte Journalisten in Chicago vorab mit Morris-Leckerbissen und sah dann genüßlich zu. Am Donnerstag trat Morris zurück.

Der 48jährige Morris ist laut Star-Chefredakteur Phil Bunton „nicht wirklich eine Boulevard-Persönlichkeit“. Als er in den 70er Jahren als Jugendlicher um die Oberhand des demokratischen Ortsvereins West Side in New York kämpfte, hieß sein innerparteilicher Gegner Harold Ickes. Der ist heute stellvertretender Stabschef im Weißen Haus und mag Morris immer noch nicht. 1977 zog Morris – „offenbar auf der Suche nach Abnehmern für seine politischen Ratschläge“, wie es die Los Angeles Times ausdrückt – nach Little Rock, Arkansas und traf einen Staatsanwalt namens William Clinton. Die Fotos von leichtbekleideten Frauen in Clintons Dienstbadezimmer hätten ihn für den späteren Präsidenten eingenommen, erzählte Morris später. Dann war Clinton für seinen Geschmack doch zu liberal. Morris wurde Berater republikanischer Politiker.

1994 entdeckte er eine Marktlücke: Sein alter Freund Clinton mußte mit einem republikanisch beherrschten Kongreß klarkommen. Was lag näher, als dem Demokraten ein paar republikanische Geheimnisse beizubringen? So stieg Morris schließlich in die Chefetage auf. Jetzt geht er – zu einem Zeitpunkt, an dem Clinton wieder ein paar altliberale Werte zu entdecken scheint. Dominic Johnson

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