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Ehefrau verzweifelt gesucht

■ Hamburgerin seit fast zwei Jahren in Algerien verschollen / Ehemann bekam kaum Informationen von der Polizei

Von seinem Vermieter erfuhr Detlev H. die Neuigkeit vom eigenen Ableben. Die Polizei hatte den Mann angrufen, um ihm zu berichten, daß Detlev H. in Algerien ums Leben gekommen sei.

Ein Besuch des Totgesagten auf einer Polizeiwache in Altona klärte den Irrtum auf – und bescherte ihm eine schreckliche Nachricht. Ein auf seine Firma zugelassenes Expeditionsfahrzeug, mit dem Ehefrau Marion H. und ein Freund vor mehreren Monaten nach Afrika aufgebrochen waren, war von einem Reiseveranstalter aus Gießen im algerischen Teil der Sahara aufgefunden worden. Hinter dem Steuerrad des ausgebrannten und offensichtlich geplünderten Fahrzeugs hatte der Touristikunternehmer ein menschliches Skelett entdeckt.

Fast zwei Jahre ist es inzwischen her, daß Detlev H. von dem offensichtlichen Verbrechen erfuhr, doch noch immer hat der 40jährige Hausmeister keine Gewißheit über das Schicksal seiner Frau. „Alle Hebel“, so Detlef H., habe er „in Bewegung gesetzt, um feststellen zu lassen, ob es sich bei der Leiche um meine vermißte Frau handelt – leider vergebens“.

Wegen der angespannten politischen Lage in dem nordwest-afrikanischen Staat sahen sich über ein Jahr lang weder das Bundeskriminalamt noch das Auswärtige Amt in der Lage, vor Ort ermitteln zu lassen oder zumindest dafür zu sorgen, daß die Leiche identifiziert und begraben wird. Das Auswärtige Amt sah „die Möglichkeiten unserer Auslandsvertretung“ bereits im Sommer vergangenen Jahres als „ausgeschöpft“ an, ein offizielles Rechtshilfeersuchen blieb ohne Erfolg.

Auch vom Hamburger Landeskriminalamt hörte Detlev H. nie wieder etwas. Und das, obwohl inzwischen Bewegung in die Ermittlungen gekommen ist. Denn als sich der 40jährige vergangene Woche an die Ermittler wandte, erfuhr er, daß die Leiche männlichen Geschlechts sei und inzwischen begraben wurde. Obwohl durch diesen Sachverhalt erstmals wieder ein Funken Hoffnung besteht, daß Marion H. noch leben könnte, hatte es die Polizei nicht für nötig gehalten, den Ehemann der Vermißten über den neuen Ermittlungsstand von sich aus zu informieren. Auch die Geschwister der beiden Vermißten waren vom Landeskriminalamt nicht von den neuen Erkenntnissen unterrichtet worden.

Der Hamburger Polizeisprecher Hartmut Kapp hält hingegen die „Vorwurfslage für nicht nachvollziehbar“. Die Angehörigen der Vermißten seien stets „schnellstmöglichst informiert“ worden, betont Kapp. Doch die schnellen Infos kamen offensichtlich nicht an.

Detlev H. mag den vagen Berichten aus Algerien zudem noch nicht trauen. Das Landeskriminalamt bat er, einen Sachverständigen einzuschalten, der mittels der vorhandenen Fotos der Leiche versuchen soll, deren Identität – zumindest aber deren Geschlecht – einwandfrei zu klären.

Marco Carini

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