: Klemm hilft PDS aus der Klemme
■ Partei benennt Landesvorstandsmitglied Gernot Klemm als neues Mitglied für den Verfassungs- schutzausschuß im Abgeordnetenhaus. CDU will erst noch Unbescholtenheit des Studenten prüfen
Die PDS im Abgeordnetenhaus gibt dem Druck von CDU und SPD nach. Während ihrer Klausurtagung am Wochenende im Ostseebad Dierhagen benannte die Fraktion Gernot Klemm als neuen stellvertretenden Vorsitzenden für den Parlamentsausschuß, der den Verfassungsschutz kontrolliert. PDS-Landesvorstandsmitglied Klemm sitzt bislang im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses.
Der ursprüngliche PDS-Kandidat, der Ex-Hausbesetzer Freke Over, war am Boykott der SPD, vor allem aber der CDU, gescheitert. Overs MitkämpferInnen vom autonomen Getränkehandel „KGB“ hatten ihn im Oktober vergangenen Jahres ins Abgeordnetenhaus entsandt, um den „Verfassungsschutz aufzulösen“. Over wollte Licht ins Dunkel des Geheimdienstes bringen. Die große Koalition verhinderte daraufhin mehr als ein halbes Jahr, daß der Ausschuß nach der Landtagswahl seine Arbeit aufnahm.
Damit saß die PDS in der Klemme. Nach Aussage von Bürgermeister Eberhard Diepgen ist der Verfassungsschutz nämlich schon dabei, die Kommunistische Plattform und die AG Junge GenossInnen zu beobachten. Um die parlamentarische Kontrolle dieser Aktivitäten nicht länger zu verhindern, entschloß sich die PDS nun, Freke Over durch Klemm zu ersetzen. Over soll statt dessen in den Innenausschuß rotieren.
Der 31jährige Klemm entspricht nach eigenen Angaben den Anforderungen von CDU und SPD: Weder sei der frühere Gleisbauer und heutige Student kriminell oder gar autonom, noch habe er irgend etwas mit der Stasi zu tun gehabt. Der Spezialist für Innenpolitik und Verwaltungsreform sei als Bezirksverordneter in Köpenick 1992 von der Gauck-Behörde stasiuntersucht worden. Das Ergebnis sei negativ gewesen.
Wenn das stimme, habe die CDU nichts gegen Klemm einzuwenden, sagte deren parlamentarischer Geschäftsführer Volker Liepelt gestern. Allerdings müsse man sich heute noch darüber beraten, ob der PDS-Ersatzmann wirklich unbescholten sei. Dazu PDS-Sprecher Günter Kolodziej: „Es besteht kein Vorwand mehr, die am kommenden Donnerstag fällige Konstituierung des Ausschusses weiter zu verschleppen.“
Selbst wenn die Konservativen die PDS-Kröte jetzt schlucken, bleibt das grundsätzliche Problem bestehen. Denn die CDU will langfristig verhindern, daß demokratische SozialistInnen den Verfassungsschutz kontrollieren. Zu diesem Zweck möchte man die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses ändern. Diese sieht vor, daß jede Fraktion gemäß ihres Stimmenanteils den Vorsitz von Ausschüssen erhält und die Personen selbst bestimmt. Die CDU dagegen will sämtliche Ausschußmitglieder vom Plenum des Abgeordnetenhauses wählen lassen.
Neben der Benennung des PDS-Verfassungsschutzkontrolleurs stand bei der Klausurtagung ein Positionspapier der Fraktionsvorsitzenden Carola Freundl und Harald Wolf zur Diskussion, in dem beide einem neuen politischen Kurs das Wort reden. Vor dem Hintergrund leerer Landeskassen müsse man sich mit dem Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst anfreunden. Die PDS scheint zu akzeptieren, daß in den kommenden Jahren rund 17.000 Landesjobs wegrationalisiert werden. Dieses Sparziel hat auch der Senat angepeilt. Betriebsbedingte Kündigungen sollen dabei allerdings vermieden werden, fordern die demokratischen SozialistInnen. Hannes Koch
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