: CIA gegen Saddam: Viel Geld für nichts
■ Seit fünf Jahren hat der US-Geheimdienst den Auftrag, Saddam Hussein zu stürzen, meldet die „Washington Post“. Für die Unterstützung mehrerer Putschversuche haben Bush und Clinton 100 Millionen Dollar ausgegeben
Washington (taz) – Die CIA hat in den letzten fünf Jahren 100 Millionen Dollar ausgegeben, um den irakischen Staatschef Saddam Hussein zu stürzen. Mit dem Geld sind nach Berichten der Washington Post leichte Waffen, Munition, Autos, mobile Radiostationen und Propagandamaterial für kurdische und irakische Oppositionsgruppen finanziert worden, die sich nach Einrichtung der „Schutzzone für die kurdische Zivilbevölkerung“ im Norden des Iraks niedergelassen hatten. Die Anordnung stammt vom ehemaligen US-Präsidenten George Bush und wurde von Nachfolger Bill Clinton aktiv weiterverfolgt.
Außer Spesen nichts gewesen, lautet nun das Resümee, nachdem die irakische Armee Anfang dieses Monats mit Hilfe einer der beiden kurdischen Fraktionen wieder die Kontrolle über die kurdische Schutzzone erlangte. Unter den Amerikanern, die daraufhin fluchtartig den Nordirak verließen, befanden sich auch jene Mitarbeiter eines CIA-Büros in Salahuddin nordöstlich von Erbil, die in den letzten Jahren fieberhaft Umsturzpläne ausgetüftelt haben wollen. Gestern starteten die USA eine neue Evakuierungsaktion, um etwa 2.500 kurdische Flüchtlinge sowie US-Angestellte und ihre Familien in die Türkei zu bringen. Nun muß der Geheimdienst, der wegen einer Serie von Skandalen und Pannen innenpolitisch ohnehin unter Beschuß steht, erklären, warum das Ergebnis so kläglich ist.
Zu den Profiteuren des Geldflusses gehörte auch die Kurdische Demokratische Partei (KDP) unter ihrem Führer Massud Barsani – jene Organisation, die Anfang September Saddam Hussein und seine Armee in den Norden einlud, um gemeinsam gegen Barsanis Rivalen Dschalal Talabani und seine Patriotische Union Kurdistans (PUK) vorzugehen. Weitere Adressaten der CIA-Hilfe: der Iraqui National Congress – ein streckenweise unübersichtlicher Zusammenschluß von kurdischen und irakischen Oppositionellen – sowie der Iraqui National Accord, eine Gruppe irakischer Exilanten, deren Gründung vom saudischen Geheimdienst mit initiiert worden war. Zu dieser Gruppe gehörten der ehemalige irakische Geheimdienstchef Ayad Alawi und der ehemalige Informationsminister Salah Omar Ali Tikrit.
Wie ernst es der US-Regierung je mit allen Putschplänen und Umsturzversuchen war, bleibt unklar. Die Erlaubnis des Weißen Hauses für eine geheime Aktion zum Sturz Saddam Husseins wurde von George Bush im Mai 1991 unterzeichnet – knapp drei Monate nach dem Sieg der Alliierten im Golfkrieg. Doch zur gleichen Zeit gelangte ein Senatsbericht an die Öffentlichkeit, dessen Autor Peter Galbraith – damals Mitarbeiter des US-Senators Claiborne Pell, heute US-Botschafter in Kroatien – der Bush-Regierung vorwarf, Putschpläne der irakischen Militärführung gegen Saddam bewußt unterminiert zu haben. Im Weißen Haus, so schreibt auch die Washington Post, sei man in Panik geraten bei dem Gedanken, das Land könne nach dem Sturz Saddams zerfallen und unter Einfluß des Irans geraten.
Neben einem Militärcoup wurden zwei weitere Optionen in Geheimdienstkreisen diskutiert: ein „rolling coup“, ausgelöst durch einen Angriff von Oppositionstruppen im Norden, die sich dann mit übergelaufenen Militäreinheiten der irakischen Armee bis Bagdad vorkämpfen. Ein solcher Angriff wurde im März 1995 auf Betreiben des Iraqui National Congress gestartet, fiel aber nach wenigen Tagen in sich zusammen. Die dritte Strategie bestand in dem Glauben, ökonomische Sanktionen würden so viel innenpolitischen Druck erzeugen, daß es zu einem Attentat auf Saddam Hussein kommt.
Am Ende erwies sich diese „Strategie“ als Bumerang: Während Saddam seine innenpolitische Position durch das Embargo eher stärken und durch Schmuggel und Korruption umgehen konnte, unterminierten die Sanktionen in der Schutzzone den Zusammenhalt der kurdischen Fraktionen. In dieser Situation, so argumentiert Najmaldin Omer Karim, Präsident des Kurdish National Congress of North America, sei der schwelende Konflikt zwischen KDP und PUK um Zolleinnahmen wiederaufgeflammt, der schließlich zu Koalitionen der KDP mit Saddam und der PUK mit dem Iran führte: „Die Kurden tragen die Schuld an dieser jüngsten Tragödie nicht allein.“
US-Verteidigungsminister William Perry, der sich derzeit am Golf aufhält, hat gestern in Bahrain bekanntgegeben, daß der Irak am Samstag US-Kampfflugzeuge über der Flugverbotszone im Süden des Landes unter Beschuß genommen hat. Demnach feuerten die Iraker sechs Boden-Luft-Raketen ab. „Irak wird eine harte Antwort bekommen“, kündigte Perry an und forderte Bagdad auf, seine Flugabwehr aus der südlichen Flugverbotszone zurückzuziehen. Dies sei „die einzige Möglichkeit“, einem weiteren US- Militärschlag zu entgehen. Andrea Böhm
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