piwik no script img

Ackerbauern leiden unter BSE

EU-Pläne zur Finanzierung der BSE-Hilfen gefährden sächsische Bauern. Die haben in diesem Jahr schon Sorgen mit der verspäteten Ernte  ■ Aus Eibau Detlef Krell

Dürre Zeiten für Sachsens Bauern. Es ist Mitte September, und der Weizen steht noch auf dem Halm. Landwirt Hans-Christoph Otto rutscht auf seinem Chefstuhl hin und her, als ob davon besseres Wetter würde. Im vergangenen Jahr um diese Zeit war die Ernte längst unter Dach und Fach. Der Mais ist auch noch nicht reif. „Wenn jetzt der Frost kommt ...“

Aber nicht nur das Wetter macht den ostdeutschen Ackerbauern zu schaffen. Erst rollt die Bundesregierung mit der geplanten Novelle des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes die Vermögensauseinandersetzung bei der Auflösung der LPGs neu auf. Und nun noch die neuen EU-Pläne zur Finanzierung der Kosten der BSE- Krise: Die Beihilfen für von der Pleite bedrohte Rinderzüchter sollen finanziert werden durch Kürzungen bei den Subventionen für den Ackerbau.

„Das könnte unsere Existenz gefährden“, fürchtet Otto. Die Agrargenossenschaft Eibau bewirtschaftet mit 150 Beschäftigten 3.000 Hektar hügeliges Ackerland: Getreide, Raps, Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln. 2.000 Kühe stehen auf der Weide und 2.500 Jungrinder im Stall. Rund 15 Prozent der Einnahmen der aus einer LPG- Tierproduktion und LPG-Pflanzenproduktion hervorgegangenen Genossenschaft stammen aus den EU-Fördertöpfen. Das Geld ist bitter nötig, auch wenn der Geschäftsführer seine Bauern nicht als große Subventionsempfänger sieht. „Wir bekommen nicht die Hälfte vom Staate!“

Ob für seinen Betrieb die Subventionen nach den geplanten Änderungen niedriger ausfallen werden als bisher, weiß Otto noch nicht. „Vielleicht wird das Geld auch nur umverteilt.“ Dieser Tage traf bei ihm ein Zuwendungsbescheid für die BSE-Hilfe seines Betriebes ein: „Antraglos“, wie das sächsische Landwirtschaftsministerium schreibt, würden ihm pro Tier 14,38 Mark überwiesen.

„Am schlechtesten dran sind Genossenschaften, die nur Ackerbau betreiben.“ Tierbestände, meint Otto, „müßten generell viel mehr gefördert werden und nicht zu Lasten des Ackerbaus“. Sachsen sei schon heute nicht mehr in der Lage, sich aus seinen eigenen Tierbeständen zu ernähren.

Eibau, eine kleine Stadt nahe der tschechischen Grenze, ist bekannt, wenn überhaupt, für sein vorzügliches Schwarzbier. Das genießen die Leute auch hier immer seltener zu einem Rinderbraten. „Alles mögliche kommt wieder auf den Tisch. Sogar Lamm! Nur nicht Rind“, ärgert sich Otto. Beim Fleischer denken die Leute nur an die Bilder von BSE-Rindern aus dem Fernsehen. Da könnte die Genossenschaft noch so sehr beteuern, Mitglied im Sächsischen Rinderzuchtverband zu sein und nur Rinder aus dem Land aufzuziehen.

Gestern in Magdeburg sprachen sich die Agrarminister von Bund und Ländern dagegen aus, die BSE-Hilfen zu Lasten der Ausgleichszahlungen für den Ackerbau und der Prämien für die Flächenstillegung zu finanzieren.

Von deutschem Rindfleisch würden keine Gefahren ausgehen. Dennoch sei der Erzeugerpreis für Rindfleisch seit 1994 um 20 Prozent gefallen. Der bislang diskutierte Hilfsumfang für Rinderhalter sei noch „viel zu gering“, meinten die LandwirtschaftsministerInnen. Deshalb fordern die Ressortchefs unter anderem eine Aufstockung der EU-Rinderprämien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen