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Sauberkeit und Religion

■ Künstlerhaus: Eine ligurische Wasserstelle als Kunstwerk

Nicht die großen Monumente Italiens haben es Veronika Scheimeister-Mayrshofer angetan, ihre künstlerische Phantasie wurde von einem öffentlichen Waschplatz am Hang oberhalb des ligurischen Dorfes Torria aktiviert. Das von einer Quelle gespeiste Steinbecken aus dem 14. Jahrhundert mit Blick auf das ferne Meer wird bis heute genutzt. Mit Steinabreibungen und Fotos, mit Texten und Tonstelen hat die Hamburger Künstlerin sich die Materialität und den Mythos dieses Ortes angeeignet. Sie präsentiert ihre Arbeit über den im Dialekt „Tröju“ genannten Platz jetzt im Künstlerhaus Weidenallee.

Ein Kranz aus Frottagen um eine Projektion plätschernden Wassers gibt eine Vorstellung des zentralen Bassins, die zwei Modellskulpturen präsentieren die reale Benutzung und den verborgenen Geist des Ortes. Denn der geht über die praktische Sauberkeit und den sozialen Austausch hinaus: eine Mariensäule bindet den Waschplatz in ein System von religiösen Markierungen ein, mit dem die Naturkraft um das Dorf herum magisch gebändigt wird. Der Tröju wird so von einem bloß pittoresken Ort zu einem vielschichtig aufgeladenen Zentrum regionaler Identität, dem die Künstlerin in dreijähriger Arbeit immer komplexere Aspekte abgewonnen hat.

Veronika Scheimeister-Mayrshofer hat mit fast ethnologischen Mitteln diese mitten in Europa so fremde Welt erforscht und sie künstlerisch transformiert. Sie hat ihre Sicht aber auch in den Alltag der Dorfbewohner zurückgegeben. Bei einer Ausstellung in Torria tauschte sie deren Taschentücher gegen eine Kunst-Edition: grünblaue Tücher, bestickt mit der zungenbrecherischen Zeile aus einem Volkslied „la bella lavanderina lavava i fazoletti“ (die schöne Wäscherin hat die Taschentücher gewaschen).

Das ganze Projekt ist eine große Hommage an die Frauen alter dörflicher Gemeinschaften. Der nächste Schritt ist eine Publikation über die alten Geschichten, die die Frauen beim und um das Waschen erzählt haben. Hajo Schiff

Künstlerhaus Weidenallee 10b, Do, 20-22, Fr+Sa, 18-20 Uhr, bis 28. September

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