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Beobachter beobachtet

■ Geheimdienstexperte war selbst Objekt des Verfassungsschutzes

Hannover (taz) – Der Geheimdienstspezialist und rechtspolitische Berater der niedersächsischen Landtagsgrünen, Rolf Gössner, ist selbst seit langem Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz. „Mit Empörung und scharfem Protest“ hat der niedersächsische grüne Fraktionsvorstand gestern auf die geheimdienstliche Erfassung ihres Mitarbeiters reagiert, der sich seit 1990 vor allem um Vorgänge bei Verfassungsschutz und Polizei kümmert. Der Fraktionsvorsitzende Pico Jordan warf dem Bundesamt vor, aus eigenem Amtsinteresse den Rechtsanwalt ins Visier genommen zu haben. Gössners politisch- fachliche Einflußnahme auf Verfassungsschutzgesetze und sein Wirken als linker Bürgerrechtler werde mit Beobachtung bestraft.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte auf ein Auskunftsbegehren Gössners hin mitgeteilt, daß der Rechtsanwalt schon seit 1970 unter Beobachtung steht. Erfaßt wurden personenbezogene Daten, die vor allem Gössners Mitarbeit bei der geheimdienstkritischen Zeitschrift Geheim betraf sowie nicht näher konkretisierte Kontakte zu angeblich linksextremistisch beeinflußten Personenzusammenschlüssen. Außerdem hat das Bundesamt 26 Jahre lang „Artikel, Aufsätze, Reden und Interviews“ Gössners in sogenannten „linksextremistischen bzw. linksextremistisch beeinflußten Publikationen“ registriert, wie etwa den Blättern für deutsche und internationale Politik oder der Deutschen Volkszeitung.

Der Rechtsanwalt hat in der rot- grünen Regierungsphase in Niedersachsen maßgeblich an der Liberalisierung sowie der Reduzierung des Verfassungsschutzes mitgewirkt. Auch für die Landtage von Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen war Gössner bei der Formulierung der Verfassungsschutzgesetze als Gutachter tätig. Jürgen Voges

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