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Alle Glieder werden amputiert

■ Der Sanierungsplan für den Magdeburger Maschinenbaukonzern Sket ist gescheitert. Die BvS will den Betrieb zerteilen: Weitere 600 Arbeitslose

Berlin (taz) – Gehört hatten die Aufsichtsräte von Sket das schon öfter. Aber daran geglaubt hatten zumindest die Arbeitnehmervertreter nicht: Der Maschinenbaukonzern in Magdeburg soll in vier eigenständige Gesellschaften aufgeteilt werden. Die bislang als Profit-Center geführten Geschäftsfelder Walzwerke, Kabel/Draht, Öl und Fertigung sollen als selbständige GmbHs weiterexistieren. Nur dann hätten sie auf dem umkämpften Weltmarkt für Maschinen und Anlagen eine Chance, hatte die Unternehmensberatung Roland Berger analysiert.

Die Geschäftsführung des noch der Treuhand-Nachfolgerin BvS (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) gehörenden Unternehmens hatte die Strategiestudie in Auftrag gegeben. Werner Kirchgässer, seit Anfang des Jahres Geschäftsführer bei Sket, erschien dies dringend erforderlich: Denn schon in diesem Jahr liegen die ebenfalls von Roland Berger im letzten Sanierungskonzept prognostizierten Umsatzzuwächse bis 1998 rund 100 Millionen Mark unter Plan. Ein Ende der Umsatzeinbrüche ist nicht absehbar. In den kommenden Jahren fehlen Sket mindestens jährlich 55 Millionen Mark.

Erst am 10. April hatten sich Geschäftsführung, Aufsichtsrat, BvS und Betriebsrat auf das Sanierungskonzept geeinigt. Auch das hatte schon massiven Personalabbau vorgesehen. Schrittweise wollte das Unternehmen in der Gruppe 1.250 MitarbeiterInnen entlassen. Doch wenn der neue Plan am 14. Oktober vom Aufsichtsrat abgesegnet wird, werden damit weitere 600 ArbeiterInnen ihren Job im ehemaligen Schwermaschinenkombinat Ernst Thälmann verlieren. Damit schrumpft der größte Industriebetrieb der ehemaligen DDR auf rund 500 Arbeiter zusammen.

„Kostensenkungen können nur noch über Personaleinsparungen erreicht werden“, sagte gestern ein Sprecher der BvS. Allein in der aufgeblähten Konzernverwaltung säßen 120 MitarbeiterInnen rum, die nicht ausgelastet seien. In den Werkhallen müßten sie bereits kurzarbeiten, da Aufträge fehlen. „Ist es da nicht besser, Sket aufzugliedern und damit flexibel zu machen, bevor das ganze Unternehmen ausblutet?“ fragt der BvS- Sprecher.

„Das haben Treuhand und BvS doch ständig versucht: Sket zu filetieren und dann zu verkaufen“, sagt Claus Matecki, für die IG-Metall im Sket-Aufsichtsrat. Die vier Kleinbetriebe hätten es mit der „selbständigen Fertigung noch schwerer“. Nur wenn die Geschäftsfelder gebündelt auftreten, könnten sie weltweit Aufträge reinholen.

Klaus Schucht, Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, will sich ebenfalls erneut für Sket einsetzen. „Der Standort in Magdeburg muß erhalten bleiben“, sagt sein Sprecher. Und das gehe nur, wenn das Unternehmen nicht zerschlagen wird. Die BvS jedoch steht unter Druck Sket bis Ende 1998 zu privatisieren. Dann nämlich endet ihr Auftrag für die Abwicklung ehemaliger DDR-Betriebe. IG-Metaller Matecki glaubt denn auch, daß die Anstalt so schnell wie möglich Sket-Teile an Konkurrenten losschlagen will. Investoren haben sich bei der BvS bislang keine gemeldet. Doch die können ja auch ruhig warten, bis ihnen die Sket- Happen billig dargeboten werden. Ulrike Fokken

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