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„Ganz normaler Kunde“

■ Förderung für „Radio 107.1“ nichts Besonderes / Datenschützer will sich um Indiskretion kümmern

„Unerhört“, daß Daten eines Antragstellers auf Wirtschaftsförderung in die Öffentlichkeit gelangen konnten. So ereiferte sich gestern Alexander von Harder. Von Harder ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Weser-Jade, das Pendant zur Bremer Wirtschaftsförderungsgesellschaft.„Bei uns ist noch nie etwas rausgegangen. Und wenn, dann hätte das Konsequenzen gegeben“.

Hintergrund der Aufregung: Dem Weser-Kurier ist der Antrag des ersten Bremer privaten Radiosenders „Radio 107.1“ auf Wirtschaftsförderung zugespielt worden, inklusive aller relevante Daten des Unternehmens. Worüber sich öffentlich niemand aufregt. Dabei war die Veröffentlichung durchaus eine Premiere: „Ich kann mich nicht erinnern, daß schon einmal Firmendaten so in die Öffentlichkeit gekommen sind“, sagte gestern Stefan Waltz, der Bremer Datenschutzbeauftragte. Er will sich jetzt um den Fall kümmern.

Bei näherem Hinsehen schrumpft die Geschichte ohnehin vom Skandal- aufs Normalmaß. „Privatsender will sich halbes Studio bezahlen lassen“, hatte der Weser-Kurier vorgestern skandalträchtig getitelt. Hintergrund: Knapp 50 Prozent der Kosten zum Bau der Hörfunkstudios im Medienhaus an der Schlachte wollte der Sender aus öffentlichen Fördertöpfen haben. Ein Blick in die „Richtlinien zur Förderung des Film- und Medienstandortes Bremen“, die gemeinsam vom Wirtschaftssernator und den Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) erarbeitet worden sind, hätte manche Aufregung erspart. „Um den Start von Unternehmen oder kommerziellen Einrichtungen zu fördern“, so heißt es da, „können als einmaliger Zuschuß maximal 50 Prozent zur Erstausstattung als Beihilfen gewährt werden.“ Was die Betreibergesellschaft von „Radio 107.1“ beantragt hatte. Und entsprechend undramatisch wurde dieser Antrag bei der WfG behandelt. „Das ist für uns ein ganz normaler Kunde“, sagte gestern WfG-Geschäftsführer Matys. Und es sei keineswegs abwegig, daß ein Sender staatliche Investitionszuschüsse bekomme: „Die Richtlinie ist sehr weit gefaßt. Medien ist ja fast alles.“ Ganz anders als in Niedersachsen. Eine Förderung von privaten Rundfunksendern sei in den normalen Richtlinien der niedersächsischen Wirtschaftsförderung, zu der die Weser-Jade gehört, nicht vorgesehen, sagt Geschäftsführer von Harder. „Ich wüßte nicht, aus welchem Programm das unterstützt werden sollte.“ Es sei denn, es gebe für ein bestimmtes Projekt besonderen politischen Druck. Im übrigen werde über einen Förderantrag im Normalfall innerhalb von zwei bis drei Monaten entschieden.

Der Antrag von „Radio 107.1 ist vom August letzten Jahres. in den nächsten Wochen soll enschieden werden, hieß es aus dem Wirtschaftsressort. Jof/J.G.

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