Das Portrait: Ein Hausmeister mit Staatskontakten
■ Siegfried Franzen
Der Hausmeister mit den meisten „Staatskontakten“ in der Bundesrepublik ist gestern abgetreten: Siegfried Franzen. Nach 29 Jahren geht der Hausmeister der beiden Pressehäuser in Bonn in Pension – verabschiedet mit einer Bundespressekonferenz zu seinen Ehren, bei der die Bonner Journaille ihn begeistert feierte. Einen Teil seines Jobs tat er immer in nächster Nähe zu weltbekannten PolitikerInnen: Franzen war dafür zuständig, den Saal richtig temperiert und die Mikrophonanlage funktionsfähig zu halten.
So war der stämmige Mann im grauen Arbeitsmantel und Jägerhut immer dabei, wenn sich in Bonn „große Tiere“ der Presse stellten. Die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir lernte er ebenso kennen wie Jassir Arafat. Die Staatsmänner François Mitterrand und Michail Gorbatschow waren auch dabei, von den Kanzlern ganz zu schweigen. Franzen erinnert sich noch gut an den väterlichen Charme des CDU-Bundeskanzlers der Großen Koalition, Kurt Georg Kiesinger, seinen distanzierten Amtsnachfolger Willy Brandt und den reservierten SPD-Kanzler Helmut Schmidt.
„Kanzler Kohl war dagegen ganz anders“, sagt Franzen. Von Anfang an herrschte ein gutes Verhältnis. „Kohl ging auf mich zu und schüttelte mir die Hand“, erzählt er. Daß der Kanzler den „fleißigen Siegfried“ mochte, erschließt sich Beobachtern aus gelegentlichen Frotzeleien der beiden. „So leicht möchte ich auch mein Geld verdienen beim In-der- Sonne-stehen“, scherzte Kohl einmal gutgelaunt bei der Ankunft vor dem Pressehaus. Was Kohl auch gefallen haben dürfte: In den 29 Jahren war Franzen nur dreimal krank.
Die Auftritte im Licht der großen Politik waren jedoch nur ein kleiner Teil der Arbeit des Hausmeisters. Fast rund um die Uhr sollte Franzen in den beiden Pressehäusern greifbar sein, die von fast 1.000 MedienvertreterInnen frequentiert werden. Stets waren technische Probleme zu lösen: tropfende Wasserhähne, klemmende Fenster, defekte Türen, verlorene Schlüssel, verstopfte Toiletten, Stromausfall bei der Garagen-Schranke und kaputte Fahrstühle. Seine Ehefrau Katharina half dabei immer mit. Jetzt kehrt Franzen dahin zurück, wo er am 1. Oktober 1931 geboren wurde und sich vor 20 Jahren ein Haus gebaut hat: in den Eifelort Blankenheim-Reetz. Joe F. Bodenstein (AP)
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