: Suche nach Nazi-Gold
■ Schweizer Parlament will punktuelle Aufhebung des Bankgeheimnisses
Bern (AP/AFP) – Das Schweizer Parlament hat sich einstimmig für eine Untersuchung der Geschichte des Finanzplatzes Schweiz während und nach der Zeit des Nationalsozialismus ausgesprochen. Unabhängige Experten sollen dabei Vorwürfe klären, die Schweizer Banken horteten weiter von den Nazis in die Schweiz transferierte Vermögen von ermordeten Juden. Für die Untersuchung wird das Bank- und Anwaltsgeheimnis aufgehoben. Das beschloß das Parlament am Montag nachmittag.
„Es geht um das moralische Ansehen unseres Landes“, erklärte die Sprecherin des Rechtsausschusses des Parlaments, Lili Nabholz. Das Bild der Schweiz sei durch historische Altlasten arg in Mitleidenschaften gezogen worden. Eine politische Aufarbeitung sei dringend geboten. Dies sei die Schweiz nicht nur den Opfern des Naziregimes, sondern auch sich selbst schuldig. „Was wir heute tun, tun wir spät, aber es ist nicht zu spät“, sagte Nabholz.
Auch der Schweizer Außenminister Flavio Cotti forderte eine vorbehaltlose Untersuchung der Vergangenheit. Er warnte allerdings vor zu großen Erwartungen in die Untersuchung, die sich als schwierig erweisen werde. Als schrecklich und unerträglich bezeichnete er die in ausländischen Medien an der Schweiz geäußerte Kritik.
Das Parlament billigte mit seiner Entscheidung einen entsprechenden Beschluß der Regierung, der vorsieht, daß die Regierung unabhängige – auch ausländische – Experten für die Untersuchung einsetzt. Diese können Einsicht in Unterlagen nehmen, die dem Bankgeheimnis oder dem Anwalts- oder einem anderen Berufsgeheimnis unterliegen.
Gestern forderten 58 der 200 Abgeordneten sogar, das Bankgeheimnis generell aufzuheben. Der Abgeordnete Jean Ziegler legte einen von der sozialistischen Fraktion unterstützten Antrag vor, in dem die Abschaffung des entsprechenden Artikels 47 des Schweizer Bankengesetzes gefordert wird. Dieser Artikel belegt Verstöße gegen das Bankgeheimnis mit Haftstrafen bis zu sechs Monaten oder Geldstrafen bis zu 60.000 Mark. Er wurde 1934 eingeführt, um den kurz zuvor an die Macht gelangten Nationalsozialisten keine Möglichkeit zu geben, in die Schweiz transferierte jüdische Vermögen aufzuspüren.
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