: 11.700 mal Nein zum Gewoba-Verkauf
■ Bremens erster Bürgerantrag zwingt zu neuer Debatte über die Wohnungsbaugesellschaften
Der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Reinhard Metz, kann schon mal Platz auf seinem Schreibtisch machen. 11.700 Unterschriften hat die „Initiative gegen den Verkauf und die Privatisierung der Gewoba und der Bremischen“ bislang gesammelt, erklärte am Freitag Helmut Engelmann vom Mieterverein Bremen. Damit haben die Gegner des Verkaufs von Anteilen der beiden Bremer Wohnungsbaugesellschaften schon jetzt ihr selbstgestecktes Ziel erreicht: Bremens erster erfolgreicher Bürgerantrag ist auf dem Weg in die Bürgerschaft. Anfang November sollen Metz die Unterschriften übergeben werden.
Schon anläßlich des Verkaufs von Stadtwerkeanteilen versuchten KritikerInnen, auf diesem Wege eine Neuverhandlung in der Bremer Bürgerschaft zu erzwingen, scheiterten aber am nötigen Quorum. Zu wenige Unterschriften kamen zusammen. Das Spektrum der Privatisierungsgegner ist aber diesmal weitaus breiter. Unter den ErstunterzeichnerInnen des Bürgerantrags finden sich Kirchenvertreter, Wirtschaftswissenschaftler, Bremische- und Gewoba-Betriebsräte, Vertreter von Wohlfahrtsverbänden und des Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie PolitikerInnen.
9.404 Unterschriften waren nötig, um zu erzwingen, daß der Bürgerantrag in der Bürgerschaft wie ein Fraktions- oder Senatsantrag behandelt werden muß. Das Stadtamt hat nun nach Antragseingang bis zu drei Wochen Zeit, die Unterschriften penibel zu prüfen. Die Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Karoline Linnert, glaubt aber, daß das Thema Gewoba bereits am 12. November erneut in der Bürgerschaft debattiert wird.
Der Initiative geht es aber um mehr, als nur die Debatte zu erzwingen: „Wir sammeln fleißig weiter, denn die Zahl der Unterschriften soll Gewicht für die Entscheidung haben“, erklärt Engelmann. Dafür stehen die Chancen nicht schlecht. Der nicht im Koalitionsvertrag vorgeschriebene Plan des Senats, wegen Ebbe in den Kassen 49,9 Prozent der landeseigenen Gesellschaft für Wohnungsbau (Gewoba) und der Bremischen Gesellschaft an mögliche Interessenten wie den Veba-Konzern zu veräußern, ist bis in SPD-Kreise umstritten. Kritiker fürchten, daß Bremen mit dem Einfluß auf dieses Schlüsselunternehmen des Sozialen Wohnungsbaus ein wichtiges wohnraumpolitisches Regularium verloren gehen könnte.
Die Grüne Linnert sieht sich in ihrer Ablehnung zum Anteilsverkauf bestärkt: „Der Bürgerantrag ist ein eindeutiges Signal, daß man das nicht machen soll. Ich hoffe, daß sich der Senat von so vielen Stimmen überzeugen läßt.“ Der Sprecher des Bausenators, Hartmut Spiesecke, erklärt diplomatisch: „Es ist wichtig zu wissen, bei welchem Thema sich 11.000 Menschen zusammengefunden haben.“ Senatssprecher Klaus Sondergeld räumt ein, daß das Thema nun erneut diskutiert werden müsse. „Ein Konsens aller Beteiligten wäre am besten. Das Modell des Senats ist ja vielleicht auch für die Kritiker überzeugend.“
Indes regt sich auch in Bremerhaven Widerstand gegen den Anteilsverkauf: Mieter der Gewoba-Siedlung Eichendorff-/Frenssenstraße und die Mieterinitiative Bremerhaven haben sich der Kampagne angeschlossen. In der Seestadt hat erfolgreicher Widerstand Tradition: Im vergangenen Jahr hatten Mieterproteste den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Stäwog verhindert. L.R.
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