■ Nebensachen aus Nikosia: Hunde, die bellen, beben nicht
Vögel können es ganz bestimmt vorausahnen. Manche Hunde, heißt es, beginnen schon Tage zuvor, unmotiviert zu bellen. Auch Katzen wird etwas nachgesagt, was bisher dem Menschen trotz modernster Technologie noch immer nicht gelungen ist: die exakte Vorhersage von Erdbeben.
Leider fällt den Leuten immer erst hinterher ein, daß sich die Tauben im Rinnstein und Nachbars Dackel so seltsam benommen hatten. Schon tagelang habe der Köter nebenan geklefft, weiß eine Bekannte zu berichten. Und die Vögel seien ganz besonders tief geflogen. Da war das Erdbeben auf Zypern natürlich schon lange vorbei und guter Rat billig.
Am vergangenen Mittwoch nachmittag war's, da dachte man zunächst, unter dem Haus würde eine U-Bahn verkehren. Dabei gibt es in Zyperns Hauptstadt noch nicht einmal eine Straßenbahn. Als dann auch noch die Cola aus den Gläsern schwappte, sich sämtliche Schranktüren von selbst öffneten, die Wände jammerten und der Stuhl, auf dem du gerade saßest, hoppelnde Bewegungen vollführte, war schnell klar, daß dies auch nicht auf übermäßigen Alkoholgenuß vom Vorabend zurückzuführen sein konnte.
Ein Erdbeben! Was tun? Ich bin einfach auf dem wackelnden Stuhl sitzengeblieben und später, beim ersten schweren Nachbeben, auf den Balkon gegangen. Etwas Dümmeres könne man gar nicht tun, belehrten mich tags darauf meine erdbebenerfahrenen Freunde: Der Balkon sei nämlich immer das erste Gebäudeteil, das in die Tiefe stürze. Man soll sich tunlichst unter einen Türrahmen stellen oder auf die Straße hasten, lautete die Empfehlung. Das taten denn auch die meisten Zyprioten. Mit einem traurigen Ergebnis: 80 Personen kamen durch Treppenstürze zu Schaden, weil sie es allzu eilig hatten. Erdbebenopfer gab es dagegen nicht.
Übrigens können Hochbegabte durchaus Erdbeben vorausahnen, in diesem Fall die britische BBC und meine Wenigkeit. Von der ehrwürdigen Rundfunkstation hieß es am Donnnerstag, sie habe für elf Uhr ein gewaltiges Nachbeben vorausgesagt. Worauf in Nikosia auch gleich die Schule ausfiel. Und ich hatte schon zwei Stunden vor dem Mittwochsbeben derartig starke Magenschmerzen, die nur durch körpereigene Erdbebenabwehrreaktionen erklärbar sind. Die BBC hat inzwischen heftig dementiert, jemals von einem Elfuhrbeben berichtet zu haben. Das Beben fiel denn auch aus. Und ich habe meinen Sandwichhändler gewechselt. Klaus Hillenbrand
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
