: Vorwärts und zurück in die 60er
■ Ausländerrecht: Besser für Frauen, härter für StraftäterInnen
Bonn/Berlin (taz) – Ein Schritt vorwärts und zwei Schritte zurück in die 60er Jahre. So könnte man die Änderungen im Ausländerrecht zusammenfassen, die der Innenausschuß des Bundestags am Mittwoch nachmittag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP billigte.
Den größten Teil der Änderungen übernahmen die Abgeordneten aus einem Kompromißpapier, das die innenpolitischen Sprecher von CDU/CSU- und FDP-Fraktion, Erwin Marschewski und Max Stadler, formuliert hatten. Am deutlichsten soll der Status mißhandelter nichtdeutscher Ehefrauen verbessert werden. Bisher waren sie gezwungen, mindestens drei Jahre lang alle Gewaltakte ihrer Ehemänner zu dulden, bis sie ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bekamen. Jetzt sollen sie, wie von Frauengruppen immer wieder gefordert, bereits nach einem Jahr dieses Recht bekommen.
Schneller als früher sollen auch die ehemaligen DDR-VertragsarbeiterInnen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Zu einer rechtlichen Gleichstellung mit den westlichen GastarbeiterInnen konnten sich die Koalitionäre jedoch nicht durchringen. Die Aufenthaltszeit, die sie in der DDR verbrachten, soll ihnen bei der achtjährigen Wartezeit auf ein Daueraufenthaltsrecht künftig nur zur Hälfte angerechnet werden.
Auch für die westdeutschen ImmigrantInnen der ersten Generation gibt es eine Erleichterung: Ihr Aufenthaltsstatus soll auch nach einer Rückkehr in ihre Heimat nicht erlöschen, so daß sie beliebig oft ein- und ausreisen und ihre Kinder besuchen können.
Die Verschärfungen richten sich vor allem gegen StraftäterInnen und gegen PKK-SympathisantInnen. Jugendliche, die hier geboren wurden, sollen zukünftig schon bei vergleichsweise geringen Delikten in das Herkunftsland ihrer Eltern ausgewiesen werden. War bisher eine Ausweisung bei Haftstrafen ab fünf Jahren zwingend vorgeschrieben, so reicht künftig schon eine Verurteilung zu drei Jahren aus. Auch eine Freiheitsstrafe wegen Drogendelikten oder wegen Landfriedensbruchs führt zwingend zur Ausweisung. „Das ist eine Form der Doppelbestrafung“, kritisiert der bündnisgrüne Abgeordnete Cem Özdemir. Und: Hier geborene Menschen bekämen auf diese Weise einen Gaststatus ohne jeden Ausweisungsschutz aufgedrückt. „Wenn das so weitergeht, sind wir wieder in den sechziger Jahren“, so Özdemir.
Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen. Bundestag und Bundesrat werden die Änderungen in absehbarer Zeit noch einmal behandeln. Ute Scheub
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