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Eine Ohrfeige für den Gesetzgeber

■ Der Verfassungsgerichtshof entschied: Senat und Abgeordnetenhaus haben gegen die Verfassung verstoßen

Das Haushaltsstrukturgesetz, mit dem Senat und Abgeordnetenhaus im Frühjahr die Zeit des Sparens einläuteten, verstößt in Teilen gegen die Verfassung Berlins. Der Verfassungsgerichtshof kassierte gestern die Abwicklung der Pharmazie an der Humboldt-Uni und der Zahnmedizin an der Freien Uni. Nach dem Urteil entflammte sofort eine Debatte über die Folgen des Richterspruchs. Das Urteil geht nach Ansicht von Juristen und Hochschulpolitikern weit über die verhandelten Fälle hinaus. „Schon der normale Gesetzgebungsprozeß war verfassungswidrig“, sagte der Anwalt der Kläger von Bündnis 90/Die Grünen und PDS, Gert Trube. Damit wäre die komplette Abwicklungspassage des Haushaltsstrukturgesetzes hinfällig.

In dem Gesetz waren auch verschiedene Studiengänge der TU beendet und die HdK umstrukturiert worden. Die Hochschulen aber haben das Recht, so der Präsident des Gerichts, Klaus Finkelnburg, „an wissenschaftsrelevanten Maßnahmen des Staates“ beteiligt zu werden. Das sei bei der Pharmazie und der Zahnmedizin „nicht im verfassungsrechtlich erforderlichen Umfang geschehen“. Die TU-Studiengänge waren aber genauso falsch behandelt worden. Daher geht der PDS-Abgeordnete Benjamin Hoff davon aus, daß auch die beschlossene Schließung der Anglistik und Romanistik an der TU rechtswidrig ist.

Die Gewinner des Prozesses zeigten sich zufrieden. „Eine schallende Ohrfeige für den Gesetzgeber“, feixte Sybille Volkholz von den Grünen. Der Präsident der Humboldt-Uni, Hans Meyer: „Das Urteil zeigt, daß die politische Seite sich anders verhalten muß, wenn sie gravierende Einschnitte in die Universitäten vornehmen will.“ Meyer forderte den Senat auf, die Mittel für die weiterbestehenden Fächer zu ersetzen. Ähnliche Forderungen erhob die FU, die 40 Nachrücker bei der Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen anfordern will.

Der Senat hat unterdessen deutlich gemacht, daß an Kürzungen festgehalten werde. Regierungssprecher Michael-Andreas Butz verlangt trotz der Niederlage, daß die Unis „geeignete Vorschläge für notwendige Einsparmaßnahmen“ machen. In der Wissenschaftsverwaltung traten die Rechtsexperten kommentarlos zusammen. Sie müssen sich beeilen. Schon nächste Woche wird wieder ein Paukenschlag aus dem Verfassungsgericht erwartet: Die Unis, die gleichfalls gegen das Haushaltsstrukturgesetz geklagt hatten, wollen die „Gemeinsame Finanzkommission“ zu Fall bringen. Dieses neue Gremium war gegründet worden, um schneller und einfacher in die Hochschulen eingreifen zu können als bisher. Christian Füller

Siehe Bericht Seite 4

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